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Limit Control

By Juliane "Ri-chan" Seidel

Kapitel 1

Der Geruch von Blut und verbranntem Gummi stieg ihm in die Nase. Ihm war schwarz vor Augen, daß einzige, was er vernahm, waren die entsetzten Schreie und das laute Rufen nach einem Krankenwagen. Was war passiert? Ken versuchte sich zu bewegen, doch erst jetzt bemerkte er, daß er sich weder bewegen, noch die Augen öffnen konnte. Er versuchte sich zu erinnern, was passiert war...

"Die übliche Strecke, aber diesmal bis zum Ende." Der schwarzhaarige Junge ließ seinen Blick über den großen Jungen wandern und musterte ihn streng. Akihiro warf ihm den selben Blick zurück.

"Okay..." murmelte er und setzte den Helm auf. Bisher konnte ihm keiner das Wasser reichen. Er war in der Gang der umgeschlagene Meister beim Wettrennen. Das er keinen Führerschein für das Motorrad besaß, störte ihn reichlich wenig. "Wenn du gewinnst, bist du der neue Anführer." Ken haßte es diese Worte zu sagen, aber es war schon immer so gewesen... wer einmal Anführer werden wollte, mußte den jetzigen im Rennen auf der Todesstrecke schlagen. Die Strecke war nicht ohne Grund so benannt. Die Kurven waren sehr lang und schwer einzusehen. So unterschätzten viele die Geschwindigkeit und die Länge der Kurve. Es hatte viele Unfälle gegeben, besonders unter Jugendlichen. Die Todesstrecke führte bis in die Stadt hinein, den Berg hinunter, doch nur selten brachten die Jungs es zu Ende, da die letzte und gefährlichste Kurve in der Stadt lag.

"Gut, wir kennen die Regeln. Der Sieger ist unser neuer Anführer, gefahren wird bis zum Ende, Ziel ist der Drugstore in der Stadt!" Die beiden Jungs nickten dem blonden Jungen zu. "Wir folgen euch."

"Viel Glück, Ken-san!" Ein Mädchen mit roten Haaren drängelte sich durch die Jugendlichen und fiel ihm um den Hals. "Ich bin sicher, du gewinnst!" Sie gab ihm einen Kuß und wich dann zurück. Dann kramte sie ein weißes Tuch hervor und stellte sich zwischen die beiden Motorräder. Ken und Akihiro ließen kurz das Gas aufspielen und starrten gebannt auf das Taschentuch. Wenn sie es fallenließ, war es das Startsignal. Das Mädchen zögerte etwas, ließ vorsichtig das Tuch los, und wie zwei Pfeile schossen die Maschinen an ihr vorbei.

Das Geräusch von Sirenen erfüllte den Raum, und Ken glaubte das sein Kopf von dem monotonen Geräusch explodieren würde. Er hörte den Motor aufheulen, und dann das scharfe Bremsen, ganz in seiner Nähe.

"Zur Seite, machen sie doch Platz!" Der Sanitäter kämpfte sich durch die Reihen der gaffenden Menschen, von denen nur wenige wirklich halfen. Ken tat die Brust beim Atmen weh, und er fühlte, wie sich die Schwärze um ihn herum ausbreitete, bis er schließlich nichts mehr wahrnahm.

Der nächste Morgen war überschattet von den Ereignissen des letzten Tages. In der Schule hatte sich die Nachricht über den Jungen verbreitet wie ein Lauffeuer. Viele wußten, daß er der Führer einer Gang war, und daß sie öfters solche Rennen veranstalteten, doch es schien ihnen zu gefallen, das Thema auszuweiten und Thesen zu entwickeln, was passiert war. Ken galt als Draufgänger, war so ziemlich der Schlechteste in der Schule, schwänzte öfters den Unterricht, manchmal ganze Tage lang und schien sich für nichts begeistern zu können.

"Hoi... Shingo-kun!" Der braunhaarige Junge wandte sich fragend um. Seine grünen Augen sahen den heraneilenden Jungen streng an.

"Man darf hier eigentlich nicht rennen... Ko-kun!" sagte er musternd und setzte seinen Weg fort. Koji warf ihm einen leicht verwirrten Blick zu.

"Sei doch nicht so..." Der blonde Junge schloß mit ihm auf und sah ihn von der Seite an. "Ne, ne, hast du schon gehört?"

"Was?"

"Wie, was? Du weißt noch nichts? Oh man, das weiß die ganze Schule, nur du bekommst es natürlich als letzter mit! Ken hatte gestern einen Motorradunfall! Du weißt schon, dieser Rowdy."

"Ken?" Shingo schien zu überlegen.

"Man, der geht in deine Klasse, aber da er sowieso so gut wie nie da ist, ist es kein Wunder, wenn du ihn vergißt!" Der Blondhaarige grinste kurz, als er bemerkte, daß Shingo sich erinnerte.

"Ach er...!" Shingo erinnerte sich schmerzhaft an die Wahl des Klassensprechers zu Jahresbeginn. Er hatte sie irgendwie getürkt, und so wurde er gewählt. Ihm war es so peinlich gewesen urplötzlich vor der Klasse zu stehen und etwas zu sagen. Er war nicht der Typ, der einfach so frei heraus reden konnte.

"Hai, er hat wieder eines seiner gefährlichen Rennen gemacht. Du weißt doch, daß er öfters solche Motorradrennen mitmacht. Sie sind die Todesstrecke gefahren! Also ich könnte das nicht, das ist doch glatter Wahnsinn!" Shingo blieb vor der Tür seines Klassenzimmers stehen.

"Todesstrecke? Hm... die ist doch für ihre Tücken bekannt!" Koji nickte ihm heftigst zu. "Hoffentlich ist es nicht schlimm..." Obwohl er Ken nicht leiden konnte, machte er sich Sorgen um ihn. Koji sah ihn verwundert an. "Wie kann man nur so etwas machen? Das ist doch glatter Selbstmord diese Strecke zu fahren."

"Genau, sie sind sogar bis zum Drugstore gefahren..."

"Dann war der Unfall in der Stadt?" Koji nickte erneut und murmelte leise: "Bei dir kommt nie etwas an, oder?"

"So ein Egoist... wenn er sich umbringen will, soll er's doch machen, aber er soll nicht andere in Gefahr bringen! Das macht mich wütend." Koji sah ihn erstaunt an und prustete dann los:

"Du? Rage? Das ist der Witz des Jahrhunderts... ich hab dich noch nie wütend gesehen!" Shingo setzte einen beleidigten Gesichtsausdruck auf und öffnete die Tür mit einem Ruck. "Ich geh schon! Wir sehen uns nachher! Ja na!" Koji verschwand grinsend. Shingo war viel zu ruhig, er könnte keiner Fliege etwas zu Leide tun.

Der Junge ging müde in seinen Raum und setzte sich. Er hörte einige Zeit einer Gruppe Mädchen zu. Sie sprachen von Ken, und seinem Unfall. Es schien wirklich das Gesprächsthema Nummer 1 zu sein. Die Mädchen wirkten beunruhigt, fast schon hysterisch. Kein Wunder, Ken war der Mädchenschwarm der Schule. Shingo beneidete ihn dafür, aber Ken sah auch wirklich gut aus. Groß, gut gebaut, und vom Charakter her ungewöhnlich und wild. Er brach gerne die Regeln, was ihm bei seinen Verehrerinnen Pluspunkte einbrachte.

Erst jetzt bemerkte Shingo wie sehr er auf einmal an ihm interessiert war. //Warum mach ich mir eigentlich Sorgen?// Shingo schüttelte den Kopf. Vielleicht sollte er ihn einmal im Krankenhaus besuchen... er wußte, daß Ken an der Schule keine Freunde hatte, da er sich lieber mit seinen Leuten abgab, und schnell in falsche Kreise geriet. Aber er brauchte die Schulnotizen, und den versäumten Stoff für die Prüfungen. Shingo stand auf und ging zum Lehrertisch.

"Du willst die Adresse von ihm?" Hawata-sensei sah ihn überrascht an.

"Ich dachte mir, daß ein Klassensprecher dafür sorgen sollte, daß keiner im Verband zurückbleibt." //Auch wenn es bei ihm vielleicht zu spät ist!// Shingo lächelte.

"Nun gut, das ist sehr nobel von dir!" Der Lehrer kramte nach einem Zettel und kritzelte ihm rasch einige Wörter darauf. Dann gab er ihn Shingo, der sie kurz überflog. "Ichihara-san" Shingo wandte sich um. "Ich freue mich, daß sie ihre Rolle so ernst nehmen... sie werden ein guter Klassensprecher." Er lächelte ihm freundlich zu und nach und nach kehrte Stille ein.

Shingo kam der Tag noch nie so lang vor. Er ertappte sich dabei, daß er alle 5 Minuten auf die Uhr starrte und den Schulschluß herbeisehnte.

Gleich nach der Schule machte sich Shingo auf den Weg ins Krankenhaus. Er hatte sich vorgenommen so zu sein, wie immer, nett, zurückhaltend und vorsichtig. Er wußte nur zu gut, wie Ken war, launisch und ungeheuer gemein, wenn es darum ging Leute fertigzumachen.

Erst als er das Krankenhaus betrat, bemerkte er, daß er gar nichts über den Zustand seines Klassenkameraden wußte. Er hatte keine Ahnung, wie schwer verletzt er war, oder ob er schlief... Shingo seufzte. Er betrachtet die Kopien in seiner Hand und schloß die Augen. Vielleicht sollte er morgen wiederkommen, oder am besten gar nicht erst versuchen, mit Ken zu reden. Wer weiß, vielleicht würde er wieder auf ihm herumtrampeln, und ihm irgend etwas gemeines an den Kopf werfen. Shingo überlegte hin und her... bis er sich entschieden hatte, doch zu ihm zu gehen. Er lief auf eine der Schwestern zu, die hinter dem Pult in der Empfangshalle saßen.

"Ich möchte gerne Nakai Ken-san besuchen..." sagte er freundlich.

"Moment bitte!" Die schlanken Finger fuhren rasch über die Tastatur und ihr Blick wandte sich dem Bildschirm des kleinen Rechners zu. "4. Etage, Zimmer 404, das war der Motorradunfall, nicht wahr?" Sie sah ihn an. Shingo nickte leicht.

"Vielen Dank..." Er ging rasch zum Aufzug und schlüpfte durch eine Tür, die sich gerade schloß. Die alte Frau sah ihn musternd an, als hätte er ein Verbrechen begangen, doch Shingo störte der Blick nicht sonderlich.

Vor dem Zimmer verharrte er erneut etwas, als neue Zweifel aufkamen. Er las mehrmals die schwarze Zahl, die auf dem weißen Schild stand. 404. Hatte er Angst, das Zimmer zu betreten? Nein, ganz sicher nicht! Er klopfte vorsichtig an, als aber lange Zeit keine Antwort ertönte, trat er vorsichtig herein. Shingo brauchte etwas, ehe sich eine Augen an die plötzliche Dunkelheit gewöhnt hatten. Er schloß die Tür und sah sich dann um. Er erkannte eine Silhouette, die auf einem der Betten saß.

"Anon..." Shingo wurde wieder unruhig... wo war nur sein ganzes Selbstvertrauen hin? Es hatte sich eben verflüchtigt, und Unsicherheit stieg in ihm auf. Der scharfe Geruch von Krankenhaus stieg ihm in die Nase, diese sterile und...

Sein Blick wanderte über Ken. Er saß einfach nur da und musterte Shingo. Seine Gesicht war schrecklich aufgeschrammt, der Kopf verbunden und die rechte Wange zierte ein Pflaster. In seinem rechten Arm steckte eine Injektionsnadel, neben ihm stand etliche Maschinen, die seinen Herzschlag aufzeichneten, und noch so kleine Veränderungen dokumentierten. Sein Blick war leer und seine Haut blaß. Shingos Blick heftete sich an die lilafarbenen Augen seines Gegenüber. Waren sie wirklich violett, oder bildete er es sich bei dem Licht nur ein.

"Wie lange willst du mich noch anstarren?" Shingo fuhr aus seinen Gedanken und ging auf das Bett zu. Er zog sich den weißen Hocker herum und setzte sich. "Das ausgerechnet du mich besuchen kommst...!" Ken musterte den Kleinen aufmerksam und grinste. "Das ist ein Witz!"

"Wieso?" Man spürte Shingos Unsicherheit, denn ein leichtes Beben klang mit.

"Ich hab eigentlich jemand anderen erwartet! Und dann kommst du als mein erster Besuch, Ichihara-kun!" Er betonte das -kun irgendwie abwertend, doch Shingo ließ sich nicht anmerken, wie schwer es ihn traf. Er stand sicherlich nur unter Schock.

"Naja, und weswegen kommt mich ein Streber, wie du besuchen? Ich meine, bin ich nicht der böse Junge, von dem alle nur schlechtes erzählen?" Shingo schwieg. Er wußte ja selber die Antwort nicht. Wieso war er nur so darauf bedacht hier vorbeizukommen. Er verstand sich selber nicht mehr, vielleicht war er zu gutherzig, oder einfach nur naiv...

"Ich wollte nur wissen, wie es dir geht." Sagte er leise.

"Na sicher!" Ken lachte kurz auf, und verzog danach das Gesicht. Es schien ihm Schmerzen zu bereiten. "Dir gefällt es doch mich so zu sehen, oder? Immerhin hab ich dich letztens ganz schön bloßgestellt. Was ist das? Rache?" Er sah den braunhaarigen Jungen ernst an, doch dieser ließ sich scheinbar nicht aus der Ruhe bringen. Wieso zeigten seine Worte keine Wirkung?

"Nun gut, du hattest deinen Spaß... geh jetzt wieder! Du kannst Hawata-sensei ja ausrichten, daß es mir wirklich gut geht, der wird sich vielleicht freuen!" Sein Sarkasmus war nicht zu überhören. Shingo blickte verängstigt in die kalten violetten Augen, die ihn wütend anfunkelten und stand dann hastig auf.

"Ja, ist wohl besser... Gomen nasai, ich wollte dich nicht belästigen..." Er schob den Stuhl ungeschickt zur Seite und ging zur Tür, ohne ihm einen Blick zu schenken. Er sollte nicht seine Tränen sehen, das wäre Shingo zu peinlich gewesen, aber es tat ihm ungeheuer weh, was Ken ihm an den Kopf warf. "Ich komme morgen wieder..." Shingo sagte die Worte mehr aus Reflex, riß sich zusammen, und schluckte den Schmerz hinunter, um Ken ein kurzes Lächeln zuzuwerfen. Dann verließ er rasch das Zimmer. Ken sah ihm schweigend nach. Obwohl er ihm sowas an den Kopf geworfen hatte, hatte er ihn angelächelt, um ihn aufzumuntern. Ken taten auf einmal seine harten Worte leid.

"Arschloch!" Shingo stand an der Zimmertür und kämpfte gegen die Tränen. Als er sich halbwegs unter Kontrolle hatte, ging er zum Aufzug. Er wollte schleunigst weg, aber warum hatte er ihm versprochen wiederzukommen? Der Junge schüttelte den Kopf, als er in den Aufzug stieg. Der erste Besuch? Seine Familie schien noch nicht hergekommen zu sein, und seine Freunde anscheinend auch nicht.

"Na, du Herzensbrecher?" Ken fuhr aus seinen Gedanken, als ihn der große, kräftig gebaute Junge grinsend ansah.

"Aniki..." entfuhr es ihm überrascht.

"Ja, dein großer Bruder ist hier! Man, du machst einen Scheiß!" Er lächelte und ließ sich auf den weißen Hocker fallen. "Erst einen Unfall, und nun auch noch den Armen zum Weinen bringen!" Er grinste und musterte ihn.

"Was meinst du?" Ken sah ihn mißbilligend an.

"Na, der Besuch, den du vor mir hattest! Was hast du ihm denn gesagt, daß er total perplex an der Tür gelehnt hat, und versucht hat nicht zu weinen?" Ken sah ihn erschrocken an.

"Er hat geweint?" Die Worte sprudelten aus seinem Mund, obwohl er sie eigentlich für sich behalten wollte.

"Ja, hat er... hm, er ist niedlich, weiß du das!" Erst jetzt verstand Ken seinen Bruder.

"Tetsuya, du siehst das falsch...!" Er wußte als einziger, daß sein Bruder schwul war. Das er diese Tatsache nun auf ihn bezog, fand er mehr als verrückt. "Ich kenne ihn nicht mal... er geht in meine Klasse, und ist sicher nur hier gewesen, wegen Hawata-sensei."

"Aha, ich sehe das falsch... du hast aber ganz schön entsetzt ausgesehen, als ich gesagt habe, daß er geweint hat!" Ken errötete heftigst.

"Quatsch, gar nicht war!"

"Hm, und warum bist du dann so rot?" Tetsuya neckte ihn etwas.

"Bin ich gar nicht!" schnappte Ken zurück und legte sich zurück. Dann zog er die Decke höher und beobachtete seinen Bruder.

"Was ist?"

"Nichts!"

"Dann hör auf zu grinsen!" Ken sah ihn wütend an. Es war ihm peinlich, so von Tetsuya angesehen zu werden. "Kommen Kaa-san und Odo-san auch?" Tetsuya schüttelte leicht den Kopf.

"Nein, die sind zu beschäftigt, ich soll dir aber viele Grüße ausrichten, und eine gute Besserung."

"So?" Ken schlug die Decke zurück und sah enttäuscht nach oben. Warum sollten sie auch jetzt kommen? Sie interessierten sich anscheinend nicht einmal dafür, daß Ken wieder einmal in Konflikt mit dem Gesetz stand, und somit wieder Ärger auf sie zukam.

"Ich kümmere mich um die Polizei.... du ruhst dich erst einmal aus!" Tetsuya hatte bemerkt, wie traurig der Blick Kens geworden war, und er wußte, daß dieser jetzt allein sein wollte. "Ich gehe dann erstmal! Komme morgen wieder, um die gleiche Zeit." Er stand leise auf und fuhr seinem Bruder durch die schwarzen Haare. "Das wird schon wieder, laß mich nur machen!" Er lächelte und verließ dann das Zimmer.

"Schon wieder alleine?" murmelte Ken und sein Blick schwankte zu der Jalousie. Er spürte wie Traurigkeit zurückkehrte. Sie waren nicht ein einziges Mal gekommen. Wieso waren seine Eltern die Geschäfte wichtiger? Er hatte alles versucht, um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Selbst als er die Gesetze brach, der Gang beitrat, sagten sie nichts dazu. Sie zogen ihn nur schweigend aus dem Schlamassel, wenn er in Schwierigkeiten steckte, doch dann ließen sie ihn fallen, sagten nichts zu seiner Tat. Selbst wenn sie böse gewesen wären, ihn bestraft hätten, oder sonst etwas... Ken hätte alles mitgemacht. Aber so hätten sie ihm wenigstens Beachtung geschenkt, gezeigt, daß sie sich noch um ihn sorgten.

In dem Moment fiel ihm Shingo ein.

"Geweint?" murmelte er leise vor sich hin und es tat ihm doppelt so sehr leid, daß er ihm solche Worte an den Kopf geworfen hatte. //Ich sollte ihm dankbar sein, daß ihn überhaupt jemand besucht, doch statt dessen?// "Was bin ich doch für ein Idiot!" murmelte er. Er würde sich entschuldigen, spätestens morgen... falls der Junge wiederkommen würde, doch das bezweifelte Ken stark. Warum sollte er auch? Es dauerte nicht lange und Ken war über diese Gedanken eingeschlafen. Shingos Lächeln und der unschuldige Blick verfolgten ihn sogar noch in den Träumen.

Shingos Stift zog schon seit geraumer Zeit die unendlichen runden Bahnen auf dem Blatt. Er konnte sich nicht konzentrieren, schon gar nicht auf die komplizierten Formeln. So zog er schon geraume Zeit in Gedanken versunken, Kreise auf das karierte Papier, ohne einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Sein Blick klebte an der Uhr... noch nie kam ihm die Schule so lang vor wie heute. Er hatte sich gestern vorgenommen, wieder zu Ken zu gehen, vielleicht fühlte er sich provoziert, aber er wollte Respekt von ihm. Und wenn er jeden Tag dahin müßte... er besaß genug Ehrgeiz, um Ken solange zu belagern, bis dieser sein idiotisches Verhalten aufgab. Und er wollte komplett anders Auftreten als gestern... vielleicht so wie er wirklich war, er hatte allen anderen immer vorgespielt, er sei der brave, liebe Schüler... und er haßte sich manchmal dafür, doch es war besser, so zu sein... //Genauso, wie er es will...//

Aber war es wirklich nur Akzeptanz, die er suchte? Shingo hielt inne und betrachtete das Wirrwarr auf seinem Blatt.

"Ichihara-san!" Der Junge schreckte auf und sah in die strengen Augen seines Lehrers. "Ist ihnen nicht gut?"

"Nein, alles in... Ordnung... tut mir leid!" stammelte er leise. In dem Moment ertönte die Klingel, und Shingo fühlte wie ihm eine zentnerschwere Last vom herzen fiel. Die Schüler sprangen auf und packten emsig ihre Sachen zusammen. Shingo warf die wenigen Sachen in seinen Pult und stopfte einige Blätter in seine Tasche. Dann verließ er eilig den Raum.

Vor der Tür wurde er von Koji empfangen. Er stand mit einigen Freunden an der Tür. Als er Shingo kommen sah, stürmte er auf ihn zu.

"Du warst gestern bei ihm?" Shingo sah ihn überrascht an und nickte dann zaghaft.

"Echt?" Ein andere Junge kam auf ihn zu und musterte ihn. "Alle Achtung... ich könnte das nicht. Er ist so... wild, sagen wir das mal so! Ich könnte nicht mit ihm reden!" Er klopfte ihn auf die Schulter und Shingo lächelte unsicher.

"Naja, so schlimm war es auch nicht..." //DOCH WAR ES!!!// "Ich gehe heute wieder zu ihm..." Er erntete einige verblüffte Blicke aus der Gruppe.

"Wirklich?" Koji klopfte ihm auf die Schulter. "Man, was sagst du da zu ihm...?"

"Ähm, nichts besonderes..." //Eigentlich gar nichts// "Ich muß jetzt los... wir sehen uns morgen!" Shingo entschlüpfte der Gruppe und schlängelte sich rasch durch die Schülermassen nach draußen. Er wußte, daß Koji nun noch Sport hatte, und somit ihm nicht folgen würde. Immerhin hatte er heute keinen Unterricht mehr.

Shingo ging die langen Straßen in Richtung Krankenhaus entlang. Vielleicht sollte er ihm diesmal etwas mitbringen... Blumen? Aber was würde er dann wohl sagen? Aber vielleicht würde ihn das etwas aufmuntern, denn Shingo war der traurige und enttäuschte Blick nicht entgangen, den Ken ihm zuwarf, als er das Zimmer betrat. Er betrachtete weiße Lilien und entschloß sich spontan doch welche mitzunehmen. Wenn er sie nicht wollte, schenkte er sie eben seiner Mutter... wäre kein Problem.

So betrat er diesmal mit Blumen das Krankenhaus, wobei er sich schon blöd vorkam. Denn wo schenkte ein Junge schon einem anderen Jungen Blumen? Er überlegte, ob er nicht doch die Blumen seiner Mutter schenken sollte. Mit gemischten Gefühlen klopfte er an und betrat das Zimmer. Diesmal war es hell, die Jalousien waren aufgezogen und das Fenster war geöffnet. Shingo trat an das Bett und stellte fest, daß Ken schlief. Er setzte sich seufzend und betrachtete ihn eine Weile. Jetzt, wo er nichts verletzendes sagte, wirkte er wie ein anderer Mensch. Er sah fast schon hübsch aus, wenn er so friedlich schlafend dalag. Shingo schüttelte die Gedanken ab, und lächelte unwillkürlich.

"Ich glaube ich schenke dir die Blumen doch!" flüsterte er und sah sich suchend um. Er fand kurz darauf eine passende Vase und stellte die Blumen hinein. Er plazierte sie auf den Nachttisch und stand dann auf. "Du bist richtig süß, wenn du die Klappe hältst!" fügte er kichernd hinzu und strich ihm die schwarze Haarsträhne zurück.

"Das stimmt!" Shingo fuhr herum, als er die plötzliche Stimme hörte und riß fast die Vase mit sich. Er starrte einige Zeit in die dunklen Augen. Der junge Mann grinste ihn an und musterte ihn. "Gehen wir raus? Sonst wacht der noch auf, und dann ist er nicht mehr so niedlich!" Shingo errötete und folgte Tetsuya rasch. Dieser schloß leise die Tür und deutete auf den Wartebereich, in dem sich normalerweise die Gäste aufhielten, wenn die Besuchszeit noch nicht angebrochen war oder sie einfach auf ihren Freund warteten. Sie setzten sich.

"Du warst gestern schon mal da, nicht?" Shingo nickte schweigend. "Ich möchte mich bei dir bedanken, und.... entschuldigen."

"Wie?" Shingo verstand seine Worte nicht.

"Nun, es ist sehr nett gewesen, daß du gestern hier warst, und nach ihm gesehen hast. Du warst der erste Besuch weißt du... ich konnte nicht eher kommen." Dann fiel Tetsuya auf, daß Shingo versuchte herauszufinden, wer er war. "Oh... tut mir leid, ich bin Tetsuays, Kens Bruder."

"Shingo, Ichihara Shingo... freut mich!" Er reichte ihm die Hand.

"Unsere Eltern haben bisher keine Zeit gefunden hierher zu kommen. Sie haben Geschäfte, die ihnen zu wichtig sind... nicht, daß das ihre Handlung rechtfertigt..." fügte er leise hinzu und musterte Shingo. "Seine Freunde` werden sicherlich nicht hier auftauchen, dazu haben sie zuviel Angst vor der Polizei und so."

"Polizei?"

"Hm... das Rennen war illegal und es wird für Ken sicher ein Nachspiel haben, auch wenn ich da einiges grade biege..."

"Verstehe..."

"Um auf vorhin zurückzukommen... ich wollte mich auch für Ken entschuldigen." Er bemerkte Shingos fragenden Blick. "Ich hab dich gestern gesehen, du hast fast geweint." Er bemerkte, wie sich der Junge wegdrehte. "Dann hat er irgend etwas verletzendes gesagt. Er ist eigentlich nicht so, aber er kehrt eben den starken Typen raus, warum weiß ich nicht... aber zu mir ist er ganz anders. Nimm ihm die Worte nicht übel." Er legte ihm eine Hand auf die Schulter und sah ihn lange an.

"Okay" Shingo lächelte und stand auf. "Ich muß... jetzt gehen. Richten sie Nakai-san doch bitte schöne Grüße von mir aus..." Er verbeugte sich und war schon fast verschwunden, als Tetsuya ihm nachrief.

"Shingo-san! Komm morgen wieder, okay... Ken soll nicht ganz alleine sein, und ich kann nicht ewig frei nehmen... du mußt nicht, aber ich bitte dich, dich ein wenig um ihn zu kümmern, okay?" Shingo überlegte kurz und nickte dann zögerlich. "Danke, und mach's gut!" Tetsuya winkte ihm zu, und Shingo verschwand um die Ecke.

"Wach auf!" Tetsuya saß schon eine Weile neben dem Bett und beobachtete Ken. Sein Blick schwankte zwischen den weißen Lilien und seinem Bruder hin und her. Er versetzte ihm einen kleinen Schlag, worauf Ken müde aufsah. "Wie kann man nur den ganzen Tag schlafen?"

"Was ist?" Ken sah ihn mißmutig an. Dann fiel sein Blick auf die Lilien. "Was ist das? Waren Kaa-san und Odo-san etwa da?" Ein leichte Aufregung schwang in seinen Worten mit. Weiße Lilien waren seine Lieblingsblumen, daß wußten seine Eltern, doch Tetsuya schüttelte leicht den Kopf.

"Nein... die sind von..." Er stockte, als er bemerkte, wie Ken sich enttäuscht umdrehte.

"Ich will's nicht wissen..." murmelte er enttäuscht, und Tetsuya seufzte hörbar aus.

"Ich sag's dir trotzdem... die sind von dem Kleinen, der gestern schon mal hier war." Er bemerkte, wie Ken zusammenzuckte und sich dann hektisch zu ihm drehte. "Wie hieß er doch gleich?"

"Ichihara-san?" Ken sah ihn fragend an, und wirkte aufgeregt.

"Genau, Shingo... er war eben hier... ein netter Junge. Ich hab mich mit ihm unterhalten." Tetsuya grinste und Ken wußte genau, was dieses Grinsen zu bedeuten hatte.

"Was hast du ihm erzählt."

"Och nur ein bissel was über dich, mehr nicht!" Er sah, wie sich Kens Hände in der Bettdecke verkrampften. "Beruhig dich... ich kann ab morgen nicht mehr kommen, ich muß auch mal wieder arbeiten, aber er wird nach dir sehen. Ich hab ihn darum gebeten."

"Wie?"

"Nun guck nicht so! Einer muß sich ein wenig um dich kümmern." Er stand auf und wandte sich zum gehen. "Gute Besserung, und wehe, du sagst irgend etwas Gemeines zu ihm!" Er verschwand, ohne auch nur auf eine Antwort zu warten.

Ken lehnte sich zurück und verfiel ins Grübeln. Er war also tatsächlich noch einmal wiedergekommen? Auf der einen Seite freute er sich darüber, auf der anderen war er enttäuscht, daß nur er kam. //Ich will nicht mehr, daß er kommt! Nicht ER!// Ken starrte erneut an die Decke. Er verstand Shingo nicht. Obwohl er ihn so angeschrien hatte, kam er trotzdem und wollte sich jetzt sogar um ihn kümmern.

"Shingo! Wie lange willst du noch schlafen? Wolltest du nicht weggehen?" Shingo rieb sich müde die Augen. Er hatte kein Auge zugetan die letzte Nacht. Er mußte zuviel über Ken nachdenken. Sollte er nochmal ins Krankenhaus gehen, und es versuchen. //Ich hab es Tetsuya-san versprochen...//

Langsam stand er auf und streckte sich. Er trat ans Fenster und sah nach draußen. Es war diesig und unheimlich drückend. //Da wird demnächst ein ganz schönes Gewitter kommen.// Shingo atmete tief durch, bevor er sich anzog und an den Frühstückstisch setzte.

"Wo willst du heute hin?" Seine Mutter stellte ihm eine Tasse Kakao hin und setzte sich.

"Hm?" Shingo schluckte hast den Bissen herunter. "Ein Schulfreund liegt im Krankenhaus... ich gehe ihn besuchen und kümmer` mich etwas um ihn."

"Ist das der Junge, der diesen Motorrad-Unfall hatte?" Sie warf ihm einen strengen Blick zu. Shingo antwortete nicht, sondern nickte nur leicht. "Also doch... wie kannst du zu so einem Jungen gehen? Das ist nicht gut für dich... ich will nicht, daß du da hin gehst!"

"Aber..." Shingo stand hektisch auf und setzte zum Protest an, als sein Vater hereinkam.

"Was deine Mutter sagt stimmt, du bleibst hier!" Seine Stimme war kühl und streng und Shingo wich ein wenig zurück. //Aber ich habe es versprochen!//

"Er ist nicht so, wie ihr denkt... er ist...!" Ein Knall unterbrach Shingo und er taumelte benommen etwas zurück, bis er gegen den Tisch stieß. Seine Wange brannte und sein Vater sah ihn voller Wut an. Seine Mutter stürmte hinzu und stellte sich dazwischen.

"Nicht, du mußt ihn nicht schlagen... er bleibt auch so hier, ne Shingo!" Sie wandte sich zu ihm und warf ihm einen warnenden Blick zu. Doch der große Mann stieß sie weg und packte Shingo am Hemdkragen.

"Hast du gehört... wenn ich sage, du bleibst hier, dann tust du es... du lernst wie immer!" Er schüttelte ihn unsanft und Shingo sah ihn voller Haß an. Dann wandte er den Kopf weg und gab sich scheinbar geschlagen.

"Okay..." murmelte er und spürte endlich, wie sich der Griff lockerte und er losgelassen wurde. Er verließ schweigend das Zimmer und ging wieder hinauf in seines. Er konnte noch hören, wie sich sein Vater über ihn aufregte, und öfters auf den Tisch schlug. Warum war er nur immer so brutal... er würde auch so lernen, ohne diesen Druck. Shingo trat an den kleinen Spiegel im Badezimmer und betrachtete sich seine schmerzende Wange. Sie war unterdessen blau.

"Ts..." Er wandte sich ab und legte sich auf sein Bett. //Versprochen...// Shingo überlegte. Es blieb nur die Möglichkeit sich aus dem Haus zu schleichen, aber wenn seine Eltern das mitbekommen würden, nicht auszudenken, was passieren würde. Trotzdem, er wäre sonst den ganzen Tag alleine, und ich will hier nicht bleiben.

Er stand rasch auf und lief zum Fenster. Ein Blick nach links verriet ihm, daß er locker an der Veranda herunter könnte. Mit dem festen Entschluß es zu versuchen, schnappte er sich seine Jacke und ließ sich an der Veranda zu Boden sinken. Ohne Zeit zu verlieren, verließ er den Garten. Wie er dieses Haus haßte. Nie hatte er sich gegen seinen Vater aufgelehnt, also war es auch besser in der Schule so ruhig und unnahbar zu sein wie möglich. So würde nie jemand hierher kommen wollen, um ihn zu besuchen... vor allem würde so niemand fragen, warum sie hierher gezogen waren.

Nachdem er die Straße hinter sich gelassen hatte, verlangsamte er seinen Schritt und lief langsam die endlosen Straßen entlang. Warum riskierte er eigentlich soviel für diesen Typen? Shingo blieb vor dem Krankenhaus stehen. //Weil er mir leid tut// rief ihm eine Stimme zu. //Und was ist mit dir? Mitleid wird mit dir keiner haben// meldete sich eine andere Stimme.

"Wenn ich schon einmal hier bin..." murmelte er und trat zu den Fahrstühlen. Er war froh, daß Samstags immer Besuchertag war, so brauchte er sich keine Sorgen um Besuchszeiten zu machen. Fast automatisch ging er zu Kens Zimmer und klopfte vorsichtig an. Er fuhr sich über die Wange. //Mist, nicht grad zu übersehen//

"Herein" Die leise Stimme klang genervt und Shingo öffnete vorsichtig die Tür, um sich durch den schmalen Spalt zu schieben. Ken saß diesmal wieder im Bett, allerdings hatten sie ihm die ganze Apparaturen abgenommen, und somit schien es ihm wieder besser zu gehen. Sein Blick war diesmal nicht so abwertend wie der letzte, doch er sagte nichts. Etwas zaghaft zog sich Shingo den Hocker heran und setzte sich möglichst so, daß Ken seine Backe nicht sah.

"Hi! Dir geht's wieder besser... das ist schön!" Er versuchte zu lächeln, doch bei dem Versuch tat ihm sein Mund so weh, daß er es aufgab.

"Du bist tatsächlich wiedergekommen... du bist wie ein Stehaufmännchen, Ichihara-kun." Die Worte klangen diesmal zwar nicht abwertend, doch schmerzten sie Shingo. Ken räkelte sich etwas und sah ihn dann musternd an.

"Waren deine Eltern unterdessen einmal hier?" Shingo wollte irgendwie zu einem Gespräch finden, doch Ken zeigte nicht sonderlich viel Interesse.

"Nein, die werden auch nicht kommen!"

"Woher willst du das wissen? Sie machen sich bestimmt..."

"Bestimmt was?" Ken fuhr ihm wütend dazwischen. "Sorgen? Von wegen,... die haben sich noch nie gesorgt!" Shingo wich etwas zurück, als er den kühlen, haßerfüllten Blick Kens sah. Er wußte nicht ob Ken besser oder schlechter dran war, als er selber.

"Gomen... ich hätte nicht fragen sollen!" Ken seufzte hörbar aus.

"Schon okay... ich... ich wollte mich auch bei dir entschuldigen." Er spürte den überraschten Blick des anderen und wurde verlegen. "Nun, daß du überhaupt gekommen bist... dafür bin ich dir sehr dankbar. Es tut mir leid, wenn ich das letzte Mal etwas gesagt habe, was dich verletzt... das wollte ich nicht!" Er sah in Shingos tiefgrüne Augen. //Unmöglich... er entschuldigt sich!// Shingo starrte ihn an und für einige Zeit sagte keiner etwas.

"Wie wär's wenn wir an die frische Luft gehen?" Shingo sprang auf, und löste sich von dem tiefen Blick. Es war ihm unangenehm...

"Was denn, jetzt?"

"Klar... das tut dir sicher gut!" Shingo grinste. "Ich helfe dir... du stützt dich einfach bei mir ab, okay? So schwer wirst du nicht sein!"

"Vergiß es!" Ken sah ihn entgeistert an. "Ich bin doch kein Vollinvalide, der sich von Leute herumführen lassen muß!"

"Wieso nicht... oder kannst du schon ohne Hilfe laufen?" Ken überlegte.

"Wenn ich`s versuche, klappt`s bestimmt auch ohne Hilfe!"

"Okay... das ist ein Wort." Shingo stand auf.

"Ich will aber nicht, jedenfalls nicht jetzt! Ich habe keine Lust. Nur weil ich mich entschuldigt habe..." Ken drehte sich weg und bemerkte jetzt die blaue Wange von Shingo.

"Ich hab deinem Bruder versprochen, ich kümmer` mich um dich... du brauchst mal frische Luft!" fuhr Shingo fort und setzte sich wieder. Dann beugte er sich zu ihm und sah ihn ernst an. Ken sagte nichts weiter, sie verharrten einige Zeit und starrten sich in die Augen.

"Was ist hier passiert?" Ken fuhr ihm sanft über die Wange und spürte wie Shingo zurückwich.

"Nichts... gar nichts!" Shingo wandte sich ab. "Wenn du nicht willst, dann gehe ich wohl besser. Du scheinst eh nicht so begeistert so sein, daß ich dich besuche."

"Das ist nicht wahr!" Ken sah ihn ernst an. "Ich bin froh, daß du gekommen bist,... ehrlich!" Er seufzte und griff nach seinem Bademantel. "Okay, gehen wir halt nach draußen..." Shingos Stimmung heiterte sich auf. //Er hat es vergessen// "Aber nur wenn du mir erzählst, was mit deiner Wange passiert ist!" //Er hat es nicht vergessen// Shingo überlegte... warum die Wahrheit sagen? Er hatte sich geprügelt, mehr nicht...

"Okay, einverstanden!" Er ging zu Ken, der sich aufrecht hinsetzte und vorsichtig aufstand. Er war zwar wackelig auf den Beinen, doch er hielt sich überraschend gut. "Soll ich helfen?" Shingo sah ihn fragend an.

"Nein,... ich kann das hier alleine!" Kens Antwort kam irgendwie patzig rüber, doch Shingo antwortete nichts darauf.

Obwohl es sehr bewölkt war und der Regen fast schon in der Luft lag, tummelten sich hier viele Besucher und Patienten. Shingo sah sich suchend um und entdeckte einen Weg zu dem alten Springbrunnen. Dort verirrten sich selten Leute hin, da dieser Teil alt war.

"Gehen wir dahin?" Ken nickte. Er atmete heftig... es war für ihn wohl doch nicht so einfach ohne Hilfe zu gehen. Obwohl Shingo ihm wirklich geholfen hätte, lehnte der Schwarzhaarige jegliche Hilfe ab.

An einer Bank kamen sie zum stehen und setzten sich.

"Und, wie ist die frische Luft?" Shingo sah Ken lächelnd an. Es schien ihm zu gefallen, der frische Wind und der frische Geruch von Rosen. Viel besser als der Krankenhausgeruch. Shingo lehnte sich zufrieden zurück und schloß die Augen. Nach einiger Zeit spürte er eine Hand auf seiner blauen Wange und verzog leicht das Gesicht.

"Und... was ist nun passiert?" Ken strich ihm sanft darüber.

"Nichts weiter, hab mich nur gestern geprügelt."

"Du? Nimm mich nicht auf den Arm, Ichihara-kun! Du würdest dich nie prügeln!" Shingo fühlte sich ertappt. War er wirklich so offensichtlich in seinen Handlungen? "Du tust keiner Fliege was zu Leide... denn sonst wärst du nicht hier! Außerdem brauchst du's gar nicht zu versuchen, ich weiß, wenn du lügst!" Ken grinste und Shingo senkte den Kopf.

"Nun.... das ist..."

"Ist was? Willst du es mir nicht erzählen?" Ken zog die Hand zurück, als er spürte, wie der Kleine nervös wurde. "Der, der das gemacht hat, muß ganz schön zugeschlagen haben! Wer war das? Ich finde ihn und..." Shingo sah ihn überrascht an und Ken fiel auf, was er eben gesagt hatte. "Das heißt jetzt nicht, daß ich dich schon als Freund ansehe!" Ein Lächeln huschte über Shingos Lippen und Ken hielt inne.

"Schon klar..." Shingo schloß die Augen und Ken atmete hörbar aus. Seine Worte hätte Tetsuya sicherlich mißverstanden.

"Und... wer hat das nun gemacht?"

"Mein Vater..." sagte Shingo leise.

"Dein Vater? Er schlägt dich?" Ken sah ihn erschrocken an.

"Nein, ihm ist nur die Hand ausgerutscht... das ist nicht so schlimm... nur ein blauer Fleck!" Shingo wirkte aufgelöst und verängstigt.

"Von wegen! Der muß mit voller Wucht zugeschlagen haben,... was heißt da ausgerutscht? Warum hat er dich eigentlich geschlagen?" Ken sah ihn ernst an. Er mußte es wissen... warum er soviel Interesse daran hatte wußte er selber nicht. Ichihara war in seinen Augen ein Streber und ein Muttersöhnchen... aber trotzdem, er war gekommen, als er krank war und er saß jetzt hier.

"Nun... es war wegen dir. Vater wollte nicht, daß ich dich heute besuchen komme... also hatte wir Streit!"

"Ist das bei euch öfters so?" Shingo nickte leise. "Und du bist trotzdem hier?"

"Naja, ich hab mich davongestohlen... heimlich."

"Bist du noch bei Sinnen? Wenn er das rausbekommt!" Ken sah ihn aufgebracht an. Wie konnte er nur so dumm sein, wenn so ein Ausrutscher aussah, was machte dieser brutale Typ dann, wenn er wütend war.

"Aber ich habe es versprochen..." Shingo wandte sich ab. "Das ist schon okay, du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen!"

"Tu ich aber... ich wußte ja bisher nicht, was bei dir daheim abgeht." Ken sah ihn lange an. Wie konnte der eigene Vater nur so brutal sein... da war es ja besser, wenn man nichts von ihm hörte. Eine Zeit lang herrschte Stille, bis Ken diese durchbrach: "Erst jetzt fällt mir auf, daß du öfters blaue Flecken und Prellungen hattest, im Gesicht und am Körper... Dann ist das auch von..." Shingo senkte den Kopf. War er so leicht zu durchschauen? Dabei hatte er soviel getan, um gerade das zu verbergen... er hatte sich geschminkt, um die Flecken zu verdecken, hatte sich immer sehr beeilt nach dem Sportunterricht und wich auch sonst aus. //Ich hätte es nicht sagen sollen...//

Die beiden schwiegen einen Moment.

"Ich hab gehört du bist einem Kind ausgewichen, als du den Unfall hattest!" Shingo wollte vom Thema ablenken.

"Ja... das war in der letzten Kurve. Kurz vor dem Drugstore... ich habe wie immer davor etwas abgebremst, doch die Bremsen versagten, und so mußte ich die Kurve ungebremst nehmen. War schon so ganz schön riskant!"

"Versagt, aber wie denn das?"

"Ich bin mir sicher, da hat jemand nachgeholfen. Das Kind war plötzlich da, und als ich versuchte auszuweichen, geriet ich ins Schlingern und verlor die Kontrolle. Das nächste woran ich mich erinnere war der Aufschlag und der Krankenwagen." Shingo wirkte betroffen. "Nu guck nicht so.. ändern kann ich das nicht mehr, wenigstens hab ich das Kind nicht erwischt! Ich wäre eh aus der Kurve geflogen..."

"Zu dem Punkt kann ich nicht viel sagen, ich kann zwar fahren, aber wohl eher schlecht als recht!" Shingo grinste und Ken mußte lachen. "Das ist das erste Mal!"

"Hä?"

"Daß ich dich lachen sehe! Du bist gar nicht so, wie alle anderen sagen, im Gegenteil... du kannst richtig nett sein!"

"Findest du?" Ken sah ihn lange an. "Und du scheinst mir doch nicht so der Streber zu sein. Tut mir leid, daß ich dich so vor der Klasse bloßgestellt habe!"

"Ach was!" Shingo lächelte und lehnte sich zurück. "So komme ich endlich mal aus meiner Ecke raus... ist schon okay so." Er hob den Zeigefinger und begann vor Kens Gesicht herumzufuchteln. "Aber jetzt wo ich Klassensprecher bin, habe ich auch ein Problem!"

"Ach, und das wäre?" Ken wirkte neugierig.

"Dich!" Er deutet auf ihn und Ken sah ihn verdutzt an. Shingo mußte lachen.

"Was... wieso?"

"Du hättest dein Gesicht sehen sollen!" Shingo brauchte etwas, um sich zu beruhigen. Ken fand, er hatte ein schönes Lächeln und er mochte ihn gleich viel mehr, wenn Shingo so offen war und lachte. Shingos Stimme war recht hoch und sein Lachen fast schon glockenklar. "Nun... du bist der Außenseiter der Klasse, sowohl was das lernen betrifft, als auch das Klassengefüge. Du bist nie da... und deswegen, hast du keine Freunde und..." Er stockte.

"Und was?"

"Nimm`s mir nicht übel, aber ich glaube du bist so ziemlich der schlechteste Schüler der Schule!" Ken mußte grinsen. "Und ein Klassensprecher sollte dafür sorgen, daß das nicht so ist!"

"Ach wirklich...was willst du dagegen machen? Mir Nachhilfe geben?" Ken drehte sich leicht weg. Der Kleine schoß ein wenig zu weit hinaus...

"Hey, gar keine schlechte Idee!"

"Wie, das war doch nicht ernst gemeint!" Ken wirkte entsetzt... warum konnte er nicht seine Klappe halten.

"Mir gefällt die Idee... so hab ich einen Grund dich zu besuchen. So schlage ich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich kann mein Versprechen gegenüber deinem Bruder halten, und sogar noch was als Klassensprecher tun."

"Oi..!"

"Das wird klasse... ich helfe dir, bis du es schaffst!" Euphorie schwang in seinen Worten mit und seinen Augen funkelten.

"Oi, Ichihara-kun!" Ken wurde etwas lauter.

"Was meinst du?" Shingo beugte sich dicht zu ihm und lächelte. "Das ist doch die Idee!"

"OI!!!" Shingo sah ihn überrascht an. "Willst du das wirklich machen? Das war ein Witz von mir.. ich brauche keine Nachhilfe!" Ken sah ihn ernst an. Shingos Augen funkelten herausfordernd und er stand auf. Dann postierte er sich direkt vor ihm.

"Willst du mir etwa widersprechen? Ich kann auch gemein sein, wenn ich will!" Ken fuhr ein wenig zurück.

"Ach ja?"

"Was wäre, wenn ich den Schwestern sagen würde, daß du auf dem Zimmer rauchst..." Ken wurde blaß.

"Woher weißt du das?" Shingo grinste ihn nur an und sagte nichts. "Du Kleiner..., okay, einverstanden! Dann gib mir halt Nachhilfe, wenn du so darauf brennst!" //Sturer Bock... obwohl irgendwie gefällt mir der Gedanke.//

"Und als Gegenleistung..." Shingo senkte sich neben sein Ohr.

"Was denn, auch noch?" Ken wurde langsam wütend. Was bildete er sich eigentlich ein? //Also erst macht er so ein Theater und jetzt?//

"... wirst du mir ein bissel das Motorrad fahren beibringen... nur leider hab ich nie die Möglichkeit es zu machen. Und du kannst mich mal mit deinem fahren lassen."

"Wie?" Shingo fuhr zurück.

"Weißt du,... ich mag es Motorrad zu fahren, habe aber nie die Gelegenheit... also läßt du mich etwas bei dir fahren und ich helfe dir in der Schule!" Ken sah ihn verdutzt an. Er hatte nicht erwartete, daß Shingo an Motorrädern und dem Rausch der Geschwindigkeit interessiert war. Doch seine Augen funkelten vor Freude. //Wie grüne Smaragde//

"Okay, abgemacht!" //Was soll's, soviel schaden, kann's ja nicht!// Ken sah ihn lange an.

"Wirklich... das ist klasse!" Shingo lächelte erneut und gab Ken einen Wink, daß sie besser zurück in sein Zimmer gehen sollten, als dieser ihn festhielt und plötzlich zu sich zog. Mit einem Ruck zog er Shingo zu sich und starrte ihn lange an.

"Was ist?" Shingo mochte den Blick aus diesen Augen nicht... er war so durchdringend und irgendwie beängstigend. Ken ließ ihn abrupt los und starrte ihn perplex an. //Was mache ich eigentlich hier?// Shingo ging einige Schritte zurück und Ken stand langsam auf. Gemeinsam gingen sie diesmal schweigend zurück zum Krankenhaus.

"Ich... gehe dann besser wieder." Shingo half Ken ins Bett und wandte sich zum gehen. Es war unterdessen schon nachmittag.

"Warte!" Ken ergriff seinen Arm. "Was passiert, wenn du jetzt nach Hause kommst? Ich meine deinen Vater und..." Er stockte und sah ihn zögerlich an.

"Nichts, mach dir keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung!" Shingo sah ihn nicht an. //Wenn es nur so wäre// "Du wirst in zwei Tagen entlassen. Ich komme dich abholen..."

"Wechsel nicht das Thema!" Ken sah ihn erneut ernst an. Er bemerkte, daß Shingo leicht zitterte. Dann riß er sich plötzlich los und lief zur Tür.

"Tu ich nicht, wir sehen uns in zwei Tagen!" Ohne auf eine Antwort zu warten, war der Junge verschwunden. Ken starrte lange auf die Tür. Er hatte Angst, und er machte sich Sorgen um ihn. Ken lehnte sich langsam zurück und schloß die Augen. Er konnte an nichts anderes mehr denken, als an Shingo... wieso nur? //Seine Augen sind wahnsinnig schön... nein, er ist schön//

Der nächste Tag schlich nur so an Ken vorbei. Es kam ihm vor, wie tausend Tage. Zum einen weil Shingo an diesem Tag nicht kam, und auch weil er sich Sorgen machte. Wer wußte schon, was passiert war, als er an dem Tag nach Hause gekommen war. Und er vermißte Shingos Besuch, da die Zeit fiel zu schnell verging, als die beiden zusammen waren.

"Es sieht sehr gut aus... ich denke es spricht nichts dagegen sie heute zu entlassen." Der Arzt lächelte freundlich und faltete das Blatt zusammen. Ken saß erleichtert auf dem Bett. Er hatte sich schon angezogen und die Tasche zusammengepackt. "Seien sie in Zukunft vorsichtiger, Nakai-san... sie werden übrigens abgeholt!" Er trat zur Tür und Ken verbeugte sich rasch.

"Na, alles okay?" Shingo trat lächelnd an dem Arzt vorbei ins Zimmer.

"Ichihara-san!" Ken tat überrascht ihn zu sehen.

"Mon... hör auf mich so zu nennen, mein Vorname reicht... nenn mich Shingo!" Er grinste und trat zum Bett. "Bist du fertig, können wir gehen?"

"Was ist mit dir? Ist alles okay?" Ken sah ich besorgt an, und Shingo brauchte etwas, ehe er verstand, worauf Ken hinauswollte.

"Äh... ja, klar...!" Ken stand auf und nahm seine Tasche. Ihm war der etwas ängstliche Blick nicht entgangen und auch nicht der Pullover den Shingo trug.

"Gehen wir..." Shingo atmete hörbar aus. Er war froh, daß Ken nicht weiter danach fragte, doch dieser beobachtete ihn genau. "Bringst du mich nach Hause?"

"Klar, sicher doch!" Shingo stütze Ken etwas ab und sie gingen den Flur entlang zum Aufzug. "Wo wohnst du?"

"Akihabara"

"Wow, ganz schön edles Viertel!" Shingo grinste und sie bahnten sich ihren Weg durch die Menschenmassen. Sie brauchten fast eine Stunde, ehe sie bei Kens Haus ankamen. Shingo staunte nicht schlecht, als er das riesige Anwesen der Nakai sah und das Haus glich einer Villa.

"Wahnsinn... du wohnst in so einem Haus!" Ken nickte schweigend. "Man, das ist ja riesig..."

"Wenn man alleine ist ja,... und das bin ich meistens." Shingo sah ihn betrübt an. "Mach nicht so ein Gesicht... so schlimm ist es nun auch nicht!" Ken versuchte ich aufzumuntern und Shingo fing sich schnell wieder.

"Okay, aber jetzt bin ich ja da, und sorge dafür, daß du nicht mehr so alleine bist!" Ken sah ihn überrascht an und mußte dann lachen. "Was ist? Hab ich was falsches gesagt?"

"Nein, aber du hast dich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt! Wenn das mein Bruder gehört hätte!" Shingo lief knallrot an und zerrte Ken zur Tür. "Du bist komisch, weißt du das?" Shingo hielt inne und sah ihn überrascht an. "Obwohl du Ärger dafür bekommst hier zu sein, obwohl ich dich in der Schule bloßgestellt habe und obwohl ich so gemein zu dir war... bist du trotzdem hier. Du bist... irgendwie... merkwürdig!"

"Das liegt daran, daß ich dich jetzt kenne... du bist vollkommen anders, als du dich immer gibst. Bisher hat sich nur niemand die Mühe gemacht, dich wirklich kennenzulernen, deswegen bist du alleine." Sie betraten den Flur und Ken knipste das Licht an. "Aber ich kenne dich jetzt besser und du bist gar nicht so übel!" Er lächelte.

"Glaubst du wirklich mich zu kennen?"

"Nein, jedenfalls nicht alles von dir,... aber ich denke ein Stück kenne ich... den Rest will ich gar nicht kennenlernen,... so wie du jetzt bist, mag ich dich!" Ken sah ihn lange an und ging dann humpelnd auf die Treppe zu. "Warte... ich helf` dir!" Shingo hastete hinterher und wollte ihn berühren als der andere herumfuhr.

"Ich brauch` deine Hilfe nicht!" Er sah ihn wütend an.

"Was hast du?" Shingo sah ihn verständnislos an.

"Warum bist du hier! Glaubst du ich habe das hier nicht bemerkt!?" Er ergriff Shingos Arm und zog ihn grob zu sich. Dann krempelte er den Ärmel hoch und deutete auf die blauen Flecken. "Niemand zieht jetzt einen Pullover an." Shingo wand sich leicht ab, befreite sich jedoch nicht. "Warum bist du hier, wenn dir dein Vater sowas antut...? Ich versteh das nicht! Du wirst dafür geschlagen, und kommst trotzdem!"

"Ich möchte aber hier sein... außerdem geht dich das hier nichts an!" Er riß sich los und zog den Ärmel wieder nach unten.

"Und ob... es ist meine Schuld!"

"Nein, ist es nicht... ich weiß nicht, warum ich das mache, ich weiß es nicht, okay?!" Tränen stiegen ihm in die Augen und Kens Wut schlug schlagartig um. Er hatte zunächst an Mitleid gedacht, doch Shingo brachte ihm kein Mitleid entgegen... er wollte wirklich sein Freund sein.

"Okay.. ist schon gut!" Er ging auf ihn zu und legte seine Hände auf Shingos Schultern. "Tut mir leid, ich wollte nicht schreien... es ist nur, noch nie wollte jemand so sehr mein Freund sein."

"Dann bin ich dein...?" Ken legte ihm einen Finger auf die Lippen.

"Freund? Natürlich, schon seit du das erste Mal ins Krankenhaus gekommen bist." Ken lächelte und Shingo rieb sich die Tränen weg. "Willst du mein Zimmer sehen? Es ist ganz oben!"

"Sicher...."

Die folgenden Wochen verliefen fast immer gleich. Ken mußte noch daheim bleiben, doch er freute sich jedes Mal, wenn Shingo nach der Schule bei ihm vorbeikam. Sie lernten zusammen, so daß Ken bald den fehlenden Stoff aufgeholt hatte und nicht mehr zurücklag. Dafür erklärte er Shingo alles über Motorräder und Autos. Er liebte es den Jungen stundenlang die Technik eines Motorrades zu beschreiben, oder das Gefühl zu erklären, wenn man mit einem Motorrad fuhr. Zweimal kam auch Tetsuya vorbei... er sagte nichts weiter zu den beiden, doch insgeheim wußte er, daß sein Bruder schon lange mehr für Shingo empfand als nur Freundschaft.

"Schade, daß du schon gehst!" Ken lehnte an der Tür und beobachtete Shingo bei Anziehen.

"Tja, ist schon spät... aber in ein paar Tagen kannst du wieder in die Schule gehen und dann sehen wir uns öfters! Und du kannst dann endlich mal zeigen wie du wirklich bist... immer dieses Machogehabe...!" Ken nickte und Shingo verschwand lächelnd nach draußen.

"Bis morgen dann!" Shingo wollte schon die Stufen herunterhüpfen, als Ken heraustrat und ihn festhielt. "Was ist?"

"Nun, ich wollte dir noch etwas sagen... ich... ähm, weiß nur nicht so ganz wie ich das sagen soll..." Shingo sah ihn verdutzt an und beugte sich dann zu ihm.

"Was denn?" Ken sah eine kurze Zeit in zwei funkelnde Smaragde und ehe Shingo wußte, was passierte, spürte er die warmen Lippen Kens auf seinen. Er starrte ihn überrascht an und stand einfach nur da, ohne sich zu wehren. Nachdem er sich von dem Schreck erholt hatte, riß er sich los und lief schnell einige Treppenstufen nach unten. Dann wandte er sich um und sah Ken lange ernst an.

"Ich... ich gehe dann jetzt!"

"Warte... Shingo, ich...!" Doch der Junge lief rasch den kleinen Weg entlang und war aus Kens Sicht verschwunden. "Mist!" Kens Faust traf aus das Holzgeländer und er sah lange in die Richtung, in die Shingo gegangen war. Danach ging er zurück ins Haus.

//Er hat mich geküßt!// Shingo lief rastlos durch die düsteren Straßen. Er versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch irgendwie war das nicht möglich. An einer Straßenecke blieb er stehen und holte tief Luft. Dann fuhr er sich mit der Hand über die Lippen. //Wieso auf einmal... ist er schwul?// Shingo schüttelte den Kopf. Er ging langsam weiter und versuchte einen klaren Gedanken zu fassen.

//Ich habe ihn geküßt! Ich habe einen Jungen...//Kens Gedanken überschlugen sich und er wiederholte sich diesen Satz wieder und wieder. Klar mochte er Shingo, aber so sehr, daß...? Er lief zum Telefon und begann verwirrt eine Nummer zu wählen. Er brauchte einen Rat und er wußte, daß nur einer ihm dabei helfe konnte...

"Ja?" Die Stimme klang verärgert und Ken brauchte eine Weile, ehe er antwortete.

"Ähm... ist Tetsuya zu sprechen... hier ist Ken..." Er hörte wie die Person laut ausatmete und dann den Hörer weitergab. Er schien nicht glücklich darüber zu sein, daß Ken angerufen hatte.

"Ken, was gibt es... es ist nicht gerade die Zeit zum Anrufen, weißt du!" Tetsuyas Stimme klang ein wenig genervt.

"Tut mir leid wenn ich störe... ich kann auch morgen..."

"Nein, jetzt wo du einmal dran bist... mach's schnell, was ist los?"

"Es geht um Shingo..." Tetsuya horchte auf. Konnte es sein, daß Ken es endlich mitbekommen hatte. Seinem Bruder waren die Blicke das letzte Mal nicht entgangen, als er die beiden gesehen hatte. Ken hatte ihn mit seinen Blicken fast ausgezogen... eher unbewußt, oder er verdrängte die Tatsache.

"Was ist passiert?"

"Ich... nun... ich habe..." Kens Stimme erstarb.

"Was...? Ken, was hast du gemacht? Mitbekommen, wie sehr du ihn magst?"

"Nein!" Kens Stimme wirkte auf einmal gefaßt. Tetsuya horchte überrascht auf. "Mitbekommen, daß ich ihn liebe...." gestand er und Tetsuya ließ fast den Hörer fallen.

"Wirklich... ich wußte es ja schon, aber daß du es dir so schnell eingestehst! Tja, man merkt eben, daß du mein Bruder bist!" Er grinste... //Den Kommentar hätte er sich sparen können// Ken setzte an, als Tetsuya ihn unterbrach.

"Und hast du es ihm schon gesagt? Ich glaube, er mag dich auch..."

"Nein, nicht direkt... ich hab... ihn geküßt, und dann ist er weggelaufen."

"Ohje, was machst du denn für Sachen? Das hört sich jetzt an wie eine schnulzige Liebesromanze."

"Ich glaube er mag mich jetzt nicht mehr..." Ken klang enttäuscht und deprimiert.

"Nein, bestimmt nicht... er ist nur verwirrt! Laß ihm etwas Zeit, aber laß es nicht bei dem Kuß bleiben!"

"Wie?" Ken errötete und Tetsuya verbesserte sich rasch.

"Nicht was du jetzt denkst... ich meine, du sollst es ihm auch ins Gesicht sagen, was du empfindest... ein Kuß ist zwar eindeutig, aber vielleicht faßt er es als Scherz auf." Ken antwortete nicht. "Noch da?"

"Ja, sicher..."

"Sag es ihm einfach... nimm wenigstens diesmal den Tip von deinem Bruder an." Tetsuya lächelte, als er eine leise Bestätigung vernahm. "So.... ich mach dann mal Schluß! Ich komme morgen bei dir vorbei, da können wir über alles reden, okay?"

"Okay, bis morgen dann!"

"Ja na!" Ken hörte das leise Knacken, als sein Bruder auflegte und legte dann selber das Telefon zur Seite.

"Liebe?" flüsterte er und warf einen Blick auf die Uhr. Sie zeigte an, daß es fast Mitternacht war. Hatte er so lange telefoniert, oder stand er wirklich fast 2 Stunden lang da und grübelte.

"So spät schon!" Er sprang auf und wollte gerade die Treppe nach oben gehen, als er die Haustürklingel hörte. Er stoppte auf halbem Weg und lief wieder nach unten.

"Mon... um diese Zeit!" murmelte er zu sich selbst. "Wer ist da?" sagte er lauter und erst nach einiger Zeit antwortete ihm eine bekannte Stimme. Hektisch öffnete er die Tür. "Shingo?" Zu seiner Überraschung saß der Junge auf der Treppe. Erst jetzt fiel Ken auf, daß es regnete. "Was machst du denn hier...? Du bist ja klatschnaß!" Ken ging etwas nach draußen.

"Ich wußte nicht, wo ich sonst hin sollte." Flüsterte Shingo leise und seine Stimme bebte.

"Hoi... was ist passiert?" Ken beugte sich zu ihm runter, doch Shingo antwortete ihm nicht. "Hoi, Shingo!" Er riß das Gesicht des Jungen zu sich, so daß er ihn ansehen konnte, doch schon im nächsten Augenblick ließ er ihn erschrocken los.

"Vater war heute sehr wütend. Ich habe in Mathe diesmal etwas schlechter abgeschnitten, als sonst..." Shingo umschloß zitternd die Knie und zog sie zu sich. Ken sah ihn schweigend an. Er war viel zu erschrocken, um zu antworten. "Er meint, das liegt daran, daß ich immer zu dir gehe..." Tränen stiegen in ihm auf und er schluchzte. Erst jetzt reagierte Ken.

"Komm rein, du holst dir hier draußen den Tod!" Er packte ihn am Arm und zog ihn auf die Beine. "Ich kümmer` mich diesmal um dich!" Er führte den durchnäßten Jungen nach drinnen und schloß die Tür.

"Ich hol dir eine Decke... und dann sehen wir uns dein Gesicht an....!" Er spurtete die Treppe nach oben. Shingo stand wie angewurzelt da und bewegte sich nicht. Sein Körper zitterte, teils aus Angst, teils wegen der Kälte. Dann erschien Ken wieder. Er übersprang die letzten Stufen und warf Shingo die Decke über die Schultern. Dann ergriff er seine Hand und führte ihn in das große Wohnzimmer. Es roch nach Holz und Shingo setzte sich in einen der großen Sessel.

"Oh je,... das sieht ja aus!" Ken rubbelte ihm an den Armen entlang und fuhr Shingo dann über das Gesicht. Das linke Auge war geschwollen und blau, ebenso Shingos Lippen. "Bin gleich wieder da!" Ken stand auf und eilte in die Küche. Er kam mit einer Schüssel Wasser und etwas Verbandszeug zurück.

"Wie kann man nur so brutal sein?" Ken wischte ihm ein wenig Blut weg und plazierte ein Pflaster unter Shingos hellbraunen Haaren. Der Junge antwortete nicht. "Hat er dich noch irgendwo geschlagen?" Ken sah ihn besorgt an, doch zu seiner Erleichterung schüttelte Shingo den Kopf.

"Nein, weil ich weggelaufen bin!" murmelte Shingo.

"Alles okay...?" Ken kniete sich zu ihm herunter. "Ich glaube du brauchst eine Dusche... du zitterst wie Espenlaub! Du kannst heute Nacht hier schlafen."

"Und dann? Ich kann doch nicht ewig hierbleiben... ich muß doch zurück zu nach Hause!" Shingo schluckte und Tränen stiegen in ihm auf. "Es wird sich nie ändern... aber ich habe Angst davor, zurückzugehen... ich will nicht!" Dicke Tränen liefen ihm über die Wangen. Ken setzte sich neben ihn und legte behutsam einen Arm um ihn.

"Alles okay... du brauchst keine Angst zu haben... ich helfe dir!" Er streichelte sanft über Shingos Rücken und drückte ihn an sich. Es dauerte etwas, ehe Shingo sich beruhigt hatte, und als es still war, bemerkte Ken, daß dieser eingeschlafen war. "Ich pass` auf dich auf, versprochen!" Er küßte sanft die Stirn des Schlafenden und hob ihn dann hoch. Dann ging er langsam die Treppe hinauf und legte ihn in sein Bett. Ken blieb die ganze Nacht sitzen und beobachtete Shingos Schlaf. Er überlegte, wie er ihm helfen könnte, wie er Shingo vor seinem Vater beschützen könnte. Über diese Gedanken hinweg, schlief er selber ein.

Ken wachte am nächsten Morgen durch ein klopfendes Geräusch am Fenster auf. Müde rieb er sich die Augen und torkelte zum Fenster, um es zu öffnen.

"Na endlich!" Tetsuya starrte von unten nach oben und musterte seinen Bruder.

"Tetsuya?"

"Ja, ich bin's... ich hab doch gesagt, ich komme vorbei...!"

"Warum kommst du nicht rein? Keinen Schlüssel?" Ken warf einen Blick auf die Uhr und hörte dann seinen Bruder fluchen.

"Sehr witzig.. wenn du den Schlüssel steckenläßt, kann ich logischerweise nicht rein." Er klapperte mit dem Schlüssel in seiner Hand und Ken lief rasch zur Tür.

"Tut mir leid, hab ich gestern in der Aufregung vergessen!" sagte er, als er Tetsuya hereinließ und die Tür wieder schloß. Dieser seufzte hörbar aus und zog sich die Schuhe aus.

"Also, nachdem du gestern abend,... zu einem sagen wir sehr unpassenden Zeitpunkt... angerufen hast..." Ken errötete und ging langsam die Treppe nach oben. Sein Bruder folgte ihm grinsend. "Bin ich hier... also, wir können über alles reden..." Er bemerkte, wie schweigsam Ken war. "Hoi,... was ist los?"

"Es ist gestern abend noch etwas passiert!"

"Was denn? So schnell?"

"Nein, nicht was du jetzt denkst!" Ken sah ihn wütend an.

"Soso, was dann?"

"Ich wollte dich um etwas bitten... Tetsuya..."

"Du hast mich noch nie um etwas gebeten... wie kommt es, daß du jetzt meine Hilfe brauchst?" Er musterte Ken lange.

"Es geht um Shingo..." Er öffnete leise die Tür zu seinem Zimmer und deutete auf das Bett. Tetsuya trat leise herein und betrachtete den Jungen.

"Was ist mit ihm passiert?" Tetsuya flüsterte, um Shingo nicht zu wecken. Ken schloß leise die Tür und setzte sich aufs Bett.

"Sein Vater.... er ist, sagen wir sehr gewalttätig..." Er strich ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht und wandte sich dann an Tetsuya. "Du bist doch in der polizeilichen Verwaltung zuständig... kannst du nicht einmal..."

"Was... nachschauen, ob es irgendeine Klausel gibt, die ihm hilft?" Tetsuya schüttelte langsam den Kopf. "Das wird nichts! Solange er nur die paar Kratzer hat... außerdem kann sein Vater es bestreiten... es bringt nichts, wenn wir ihn verhaften, er wäre am gleichen Tag wieder frei, und dann hätte Shingo-san nur noch mehr Schwierigkeiten. Tut mir leid!"

"Aber..."

"Du machst dir ganz schön Sorgen um ihn...!" Er grinste Ken an und die beiden verließen das Zimmer, um ins Wohnzimmer zu gehen. "Du magst ihn, nicht wahr?" Er sah Ken lange an, doch er brauchte nicht auf die Antwort zu warten, um es zu wissen. "Okay... ich gebe dir nur den Tip, ihm Zeit zu lassen, wenn du etwas überstürzt, verschreckst du ihn nur noch mehr!" Er grinste und Ken lief knallrot an. "Was ist eigentlich mit der Gang?"

"Wie kommst du darauf?"

"Der Unfall liegt ja nun schon fast 1 Monat zurück,... was ist mit der Motorradgang... hast du schon mal jemanden davon wieder getroffen?" Ken schüttelte den Kopf. "Um so besser.... die sind nichts für dich! Man, weißt du wie mich meine Kollegen angucken, wenn der Bruder an einem illegalen Rennen teilnimmt!"

"Tut mir leid!"

"Schon in Ordnung...!" Er wuschelte ihm durch die schwarzen Haare und lächelte. "Aber wehe, ich erwische dich noch einmal bei so etwas! Du bist jetzt losgelöst von ihnen, laß dich nicht nochmal auf solche Spielchen ein, okay? Immerhin hat es kein größeres Nachspiel für dich... du mußt nur einige Arbeitsstunden schrubben, aber das biste ja gewöhnt!" " Er stand auf und ging zur Tür. "Ich muß dann wieder! Kümmere dich einfach um Shingo-san, solange er merkt, daß jemand da ist, der ihn liebt, wird er das schon hinbekommen! Immerhin seid ihr beide fast volljährig, und dann kann Shingo ja hierher ziehen!" Er zwinkerte Ken zu und verließ dann den Raum. Man hörte ihn noch hektisch den Flur entlang poltern und die Tür ins Schloß fallen.

Ken seufzte, ging wieder rauf in sein Zimmer und sah Shingo an. Helfen konnte er ihm also auch nicht sonderlich. //Und ich dachte mit meinen Eltern wäre es schlimm// Er fuhr ihm über die Wange. //Aber wir haben viel gemeinsam, weißt du das?//

Gegen Mittag wurde Ken aufgeschreckt. Er hatte Shingo, welcher immer noch schlief, die ganze Zeit angestarrt und war in Gedanken versunken. Die Haustürklingel ließ ihn aus seiner Trance erwachen. Langsam öffnete er die Tür, und ehe er es sich versah war ihm das rothaarige Mädchen um den Hals gefallen. Er taumelte überrascht einige Schritte zurück und drückte sie sacht von sich.

"Komiko!" Er ließ seinen Blick schweifen. Hinter ihr entdeckte er 3 weitere Jungs und 2 Mädchen.

"Hi, Leader!" Der große Junge mit der Sonnenbrille kam auf ihn zu und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Dann kamen sie nacheinander in den Flur und versammelten sich um Ken. //Leader?//

"Wie geht's dir denn? Seit dem Unfall sind ja fast 4 Wochen vergangen, aber wie ich sehe bestens." Der Junge nahm die Sonnenbrille ab.

"Wir haben uns Sorgen gemacht, aber wir haben es bisher nicht geschafft vorbeizukommen... tut mir leid!" Komiko gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange und lächelte.

"Wir sind nur hier, um dir etwas zu sagen!" Ken sah, wie der Junge mit der Sonnenbrille spielte. Yuki, hieß er, er war einer der Ältesten der Gang. "Nun, das Rennen wurde nicht gewertet! Du bist immer noch der Anführer der Gang, aber Akihiro will das Rennen so schnell wie möglich wiederholen. Er ist scharf auf deine Position!" Ken sah ich lange an. Er war immer noch der Führer der Gang... die Gang bestand aus fast 20 Mann und man traf sich meistens jeden Abend mit den Maschinen am alten Fabrikgelände außerhalb der Stadt. Nur jetzt nach dem Unfall, hatte man die Treffen ausfallen lassen, da erstens der Anführer verletzt war und zweitens es allein wegen der Polizei zu riskant war.

"Wir wollen uns am Samstag gegen Mitternacht wieder treffen!" Komiko sah ihn lächelnd an, und wartete auf eine Antwort. "Du kommst doch, oder?"

"Wir müssen das Rennen nicht gleich wiederholen, aber es wäre gut, wenn du dich mal wieder blicken läßt!" Die anderen nickten zustimmend. "Also, was ist nun... kommst du Samstag nacht?" Ken grübelte und senkte den Kopf. Er mußte hingehen, aber er hatte Tetsuya versprochen... was soll's er wollte zumindest ehrenvoll abtreten, und wenn er nur dorthin gehen würde um das Amt niederzulegen.

"Okay, ich bin da!" Ken drängte sie hinaus, als er ein leises Poltern hörte. Shingo war anscheinend aufgewacht.

"Hey, was war das denn? Hast du Besuch?" Komiko lugte neugierig an ihm vorbei.

"Nein... da ist nichts!" Ken lief rot an und drängte sie nach draußen. "Wir sehen uns am Samstag, okay?" Er schloß die Tür und atmete hörbar aus.

"War jemand da?" Shingo kam vorsichtig die Treppe hinunter.

"Nein..." Ken wandte sich zu ihm. "Nur Tetsuya, aber der ist schon wieder weg. Wie geht's dir?"

"Besser, denke ich..." Shingo setzte sich auf die unterste Stufe der Treppe. "Und was mache ich jetzt? Ich kann doch jetzt nicht nach Hause..." Ken sah ihn an... er stimmte ihm zu, doch er konnte ihm im Moment keinen Rat geben.

//Liebe ich ihn wirklich?// Ken schüttelte den Kopf. //Nein, das war sicher irgendwas anderes... ich mach hier die Pferde scheu, und eigentlich ist da nichts...//

"Ne.. ich denke ich gehe besser... ich kann ja nicht ewig weglaufen..."

"Ist das dein Ernst!?"

"Wird schon schiefgehen..." Shingo stand auf und lächelte kurz. "Tut mir leid, wenn ich dir Umstände mache... und vielen Dank!" Er schob sich an ihm vorbei und trat nach draußen. Es roch nach Regen und der Boden war feucht. "Sag mal... warum kommst du mich nicht besuchen? Ich hab am Samstag Geburtstag...!"

"Wirklich?" Kens Augen leuchteten kurz auf, doch dann fiel ihm die Gang ein...

Samstag nacht am Fabrikgelände!

"Da kann ich leider nicht..."

"Ach so... schade, naja, macht nichts!" Shingo hüpfte die Treppe hinunter. "Vielleicht ein anderes Mal... ja na!" Dann lief er die Platten entlang. Er hatte es eilig von Ken wegzukommen... irgendwie hatte er nicht damit gerechnet, daß Ken ablehnen würde. //Warum sollte es mir etwas ausmachen? Weil er mich geküßt hat? Sicher nur ein Witz...//

Ken sah ihm grübelnd nach. //Er sah enttäuscht aus...// "Mist... vielleicht hätte ich das Treffen absagen sollen..." Ihm fiel ein, daß er auch Tetsuya versprochen hatte, sich von der gang zu lösen. Sie jetzt Shingo vorzuziehen, war unfair gegenüber diesem. "Und was mach ich jetzt?"

"Shingo!" Der Junge spürte eine Hand auf seiner Schulter und blickte langsam auf. Die dunklen Augen wirkten besorgt.

"Ko...ji!" murmelte er leise und rieb sich die Augen.

"Was ist denn passiert?" Koji half seinem Freund beim aufstehen und sah ihn lange an. "Du sitzt hier und weinst dir die Augen aus.... erzähl schon, ich will dir helfen!" Er fuhr ihm durch die Harre. "Was ist mit deinem Gesicht passiert!?"

"Nichts weiter... ich will nach Hause."

"Okay... du willst mir nichts erzählen, aber dann bring` ich dich wenigstens nach Hause... so laß ich dich sicher nicht alleine!" Shingo nickte und rang sich ein leichtes Lächeln ab. "Gehen wir!" Die beiden setzten den Weg fort. Koji kam gerade von seinem Training, er trug immer noch Turnschuhe und einen Trainingsanzug. Shingo fiel erst jetzt auf, daß Sonntag war, und die Geschäfte geschlossen hatten.

"Ist es wegen Nakai-san?" Koji sah ihn von der Seite an, und bemerkte wie Shingo zusammenzuckte. "Ich hab's gewußt! Ich werde diesen Typ..."

"Nein, ist okay... es ist nichts passiert...!" Shingo fuhr ihm dazwischen.

"Aber..."

"Ich habe am Samstag Geburtstag... willst du vorbeikommen?" Koji sah ihn fragend an. Noch nie hatte Shingo jemanden zu sich nach Hause eingeladen... er wußte zwar nicht genau warum, aber er hatte sich schon Gedanken darüber gemacht.

"Wirklich? Klar, warum nicht... aber ich habe zuvor noch einen Sportwettkampf.. also kann ich vielleicht nicht so früh kommen... ist das schlimm?" Shingo schüttelte den Kopf.

"Nein, Hauptsache du kommst..." Sie erreichten Shingos Haus... es war ein altes, schon etwas verfallenes Haus, was gerade durch die vielen Beschädigungen alt und nicht gerade einladend aussah.

"Okay, wir sehen uns am Montag in der Schule!" Koji wandte sich zum gehen.

"Koji..."

"Ja?"

"Vielen Dank, daß du mich hergebracht hast..." Dieser grinste und lief dann rasch die Straße zurück aus der sie gekommen waren. //Vater wird wütend sein, aber ich sage ihm, daß er Recht hatte... ich denke ich werde ein wenig Abstand von Ken gewinnen... ich hätte auf Vater hören sollen//

"Also, bis Samstag!" Komiko gab Ken einen Kuß und lief dann zu den anderen. Sie waren am Sonntag abend noch einmal vorbeigekommen, einfach um ein bißchen Spaß zu haben und mit Ken zu reden. Doch so ganz taute dieser nicht auf, er war in Gedanken ganz woanders.

"Bis dann!" Ken rang sich ein Lächeln ab, bevor er die Tür schloß und ausatmete. Dann ließ er sich gegen die Wand fallen und rutschte an ihr zu Boden. Was war nur in ihn gefahren.

"Mist!" Er ballte die Hand zu einer Faust und schlug sie mit voller Wucht gegen die Wand. "Was bin ich doch für ein Feigling!" Er wollte dabei so gerne am Samstag zu Shingo gehen, doch es wäre ihm zu peinlich gewesen, er wollte sein Gesicht in der Gang nicht verlieren. Was hätten die anderen gesagt?

"Wieso mache ich mir so viele Gedanken um die Meinung anderer? Ist es so wichtig für mich?" Ken stand langsam auf. //Jetzt ist es zu spät...// Er überlegte kurz...

Laß ihm Zeit... aber irgendwann solltest du es ihm schon sagen!

Tetsuyas Worte ließen ihn nicht los. //Mein Gott, ich mag ihn, warum gebe ich es nur nicht zu... ich sage es ihm...//

Dann lief er aufgeregt durch das Wohnzimmer. Er begann in einer kleinen Kommode herumzuwühlen. Endlich fand er ein kleines Adreßbuch. Er war sich sicher Shingos Adresse aufgeschrieben zu haben. Dann fand er sie endlich.

"Ich starte den Versuch!" Er griff sich seine Jacke und lief dann nach draußen. In der Garage fand er sein altes Motorrad. Sein neues war durch das Rennen vollkommen zerschrottet worden. Er setzte sich den Helm auf und fuhr so schnell er konnte zu Shingo...

"Hör auf!" Die Frau stand mit blassem Gesicht im Türrahmen.

"Halt du dich da raus!" Der Mann stieß sie unsanft zur Seite und alarmierte Shingo. //Kaa-san!// Er spürte warmes Blut aus seiner Nase und seinem Mund laufen. Er schmeckte es. Sein Kopf tat weh und seine Arme. Er lehnte an der Wand und warf seinem Vater wütende Blicke zu. "Das ist meine Art die Dinge zu regeln! Die ganze Nacht wegzubleiben!" Er packte Shingo am Kragen und riß ihn grob auf die Beine.

"Nutzloser Bengel!" Er schüttelte Shingo. "Ich hab mir Sorgen gemacht, und deine Mutter auch!" Er holte zu einem Schlag aus, als die Klingel ertönte. "Sieh nach... und wimmle ihn irgendwie ab." Die Frau verschwand mit Tränen in den Augen. Sie hatte ihren Mann noch nie so wütend gesehen, aber was sollte sie schon machen? Sie hatte ja selber Angst!

"Hast du nichts zu sagen?" Shingo schwieg und wandte den Kopf zur Seite. Sein Vater stieß ihn daraufhin von sich weg und Shingo knallte mit voller Wucht gegen die Wand. Noch ehe Shingo einen Gedanken fassen konnte, war sein Vater direkt vor ihm und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Shingo stöhnte kurz auf und taumelte zurück. Doch er fiel diesmal nicht an die Wand, sondern jemand fing ihn auf. Ein Blick zu seinem Vater zeigte ihm, daß dieser überrascht war und er drehte sich langsam um. //KEN!!//

"Wer bist du denn?" Shingos Vater sah ihn ernst an. Dann warf er einen Blick auf seine Frau, die an der Tür stand.

"Ich konnte ihn nicht zurückhalten, als er das Poltern hörte." Entschuldigte sie sich. Ihr Mann sah wieder auf den Jungen. Dieser hielt Shingo fest und sah den großen Mann vor sich ernst an. Sie sahen sich einige Zeit schweigend an, ehe Shingo sich losriß. Er taumelte an die Wand und rutschte an ihr zu Boden. Ken beugte sich zu ihm und wollte ihm über das Gesicht fahren, als Shingo ihn zurückschlug.

"Faß mich nicht an!" Shingos grüne Augen spiegelten Haß, Wut und Verzweiflung wieder. Er wollte keine Hilfe, nicht jetzt, von keinem! Ken wich zurück und wandte sich an Shingos Vater.

"Ihn so zusammenzuschlagen..."

"Das geht dich gar nichts an! Du solltest jetzt besser von hier verschwinden!" Ken warf einen Blick auf Shingo.

"Shingo..." Dieser spürte den Blick seines Vaters, und wand sich wütend an Ken:

"Verschwinde!" flüsterte er. Ken sah ihn ungläubig an. "Verschwinde einfach! Glaubst du deine Worte werden etwas daran ändern! Glaubst du wirklich du hilfst mir damit?" Shingo sah ihn mit Tränen in den Augen an. "Wieso bist du jetzt auf einmal da!" Er ballte die Hände zu Fäusten. "Ich brauche dich nicht... du kannst das hier eh nicht ändern. Geh einfach... es ist besser so... vielleicht sollte ich wirklich keine Freunde haben, dann muß ich das nicht durchmachen!" Er sah zu seinem Vater und dann zu Ken.

"Ich..." Ken versuchte sich zu rechtfertigen, doch er kam nicht weiter, als er Shingos verzweifelten Blick sah. //Kann ich ihm wirklich nicht helfen...? Ich will es doch!//

"VERSCHWINDE!!" //Denn so ist es besser, für mich und für dich!// Ken wich zurück und ging dann die Treppe hinunter. Es tat weh... mehr als er gedacht hatte...

Ken lief ziellos durch die Straßen und stolperte dann in eine Bar hinein. Die Worte lagen ihm schwer im Magen, doch er verstand Shingo irgendwie... er versuchte eine Freundschaft aufzubauen, obwohl seine Eltern dagegen waren... aussichtslos, bei dem Vater.

Verschwinde!!

Aber vielleicht hatte er es ja verdient, immerhin ging er am Samstag auch nicht zu Shingos Geburtstag, sondern ging zu dem Treffen... warum war er auch so ein Feigling!? Er ließ sich auf einen Barhocker fallen und atmete hörbar aus. //Okay, heulen mußt du deswegen nicht!//

"Sie wünschen?" Die junge Stimme der Frau riß ihn aus seinen Gedanken.

"Ja?"

"Meine Güte, Ken, bist du das?"

"Komiko?" Ken setzte sich aufrecht hin und versuchte normal zu klingen.

"Was machst du denn hier?!" Sie sah ihn lächelnd an und stellte ihm unaufgefordert ein Glas Wasser hin.

"Danke..." murmelte er.

"Ist etwas passiert, du siehst so merkwürdig aus!" Sie lächelte erneut und sah sich um. Anscheinend rief niemand nach ihr, also beugte sie sich zu ihm und sah ihm in die violetten Augen. Ken schüttelte den Kopf

"Nein, eigentlich nichts wichtiges."

"Hey... ich kenne dich sehr gut Ken... ich habe dich noch nie mit so einem niedergeschlagenen Gesicht erlebt. Seit dem Unfall bist du wie ausgewechselt, total anders. Ich habe gestern Seiten an dir entdeckt, die ich vorher noch nicht kannte." Das Mädchen stütze ihren Kopf in den Händen ab. "Ich war ganz schön überrascht... aber..."

"Aber was?"

"Ich mag es..." Ken sah sie verblüfft an. "Du machst auf mich einen viel menschlicheren Eindruck. Ich wette, daß dieses Wunder die Person vollbracht hat, die sich um dich gekümmert hat!"

"Schon möglich..." murmelte er.

"Und ich weiß, daß du diese Person magst..."

"Woher...?"

"Sie war da, als wir gestern bei dir waren... ich hab die Schuhe gesehen, und du bist rot geworden... Mädchen sehen sowas schnell." Sie schloß die Augen.

"Bist du..."

"Böse, nein... ich habe keinen Grund dazu... weil ich dich nicht einmal besucht habe, als es dir schlecht ging! Weißt du... Yuki hat mir gesagt, daß er mich sehr gern hat... und ob wir es nicht versuchen sollten. Er wußte zwar, daß ich deine Freundin bin, aber er wollte klare Verhältnisse schaffen."

"Yuki?" Komiko nickte kurz und lächelte.

"Und ich denke, ich mag ihn auch... er ist wirklich süß... und ich habe mir gedacht, wenn er klare Verhältnisse schafft, mach ich das besser auch."

"Ihr seid zusammen?" Das Mädchen nickte und ihre Augen funkelten.

"Weißt du, ich mag dich sehr, aber du warst immer so unnahbar... ich..."

"Schon okay... ich habe kein Problem damit!" Ken lächelte leicht.

"Wirklich, das ist super! Ich bin froh, daß du es so siehst, vor allem, weil du jetzt jemanden gefunden hast!" Sie kam wieder näher zu ihm und starrte ihn an. "Nee... wer ist es? Ist die Person hübsch?" Sie lächelte und Ken trank etwas Wasser.

"Hm..." murmelte er.

"Hihi... sag schon, wie ist er so?" Sie sah ihn fast schon neckisch an und die Neugierde sprühte aus ihren Augen.

"Die liebste Person, die ich kenne..." gab er leise zu und wurde rot. In dem Moment rief einer der Gäste nach Komiko. Sie richtete sich auf und gab ihm das Zeichen zu warten. Ken überlegte kurz, und erst dann fiele ihm Komikos Wortwahl auf. //Wie ist ER so?// "Moment mal... du..."

"Hast du gedacht, ich kann die Schuhe von Jungs und die von Mädchen nicht unterscheiden?" Sie lachte kurz auf. "Hör zu ich hab kein Problem damit... wenn ihr euch versteht, ist es doch okay... aber sag mal, hast du's ihm schon gesagt?" Sie sah ihn wieder mit ihrem durchdringenden Blick an.

"Was?"

"Na, das du ihn liebst... dein Gesicht spricht Bände weißt du das!" Sie tippte an seine Nase und grinste. "Du bist richtig niedlich, wenn du so verstört guckst!" Dann lief sie hinter dem Tresen hervor. "Bis dann, wir sehen uns am Samstag."

"Komiko..." Das Mädchen drehte sich zu ihm um. "Vielleicht kann ich doch am Samstag nicht kommen... es ist was dazwischen gekommen... sagst du den anderen Bescheid?" Sie musterte ihn kurz und verstand dann.

"Klar..."

"Danke" Ken beobachtet sie, wie sie sich lächelnd zu dem etwas älteren Herren beugte und seine Wünsche entgegennahm. //Daß sie so offen ist, hätte ich ihr gar nicht zugetraut, aber wie auch... ich hab weder sie noch Yuki oder irgend jemand anderen von der Gang gekannt!//

"Shingo... ist alles in Ordnung?"

"Kaa-san..." Shingo wandte sich zu ihr.

"Es tut mir so leid... ich wollte nicht, daß er dich schlägt... ich wünschte ich..."

"Es ist okay..." Shingo versuchte zu lächeln, doch als sein Kopf schmerzte, beendete er dieses Vorhaben.

"Aber du weinst schon seit Stunden..."

"Das ist nicht wegen Vater... hat er sich beruhigt." Die Frau nickte und strich ihm durch die Haare.

"Er beruhigt sich schon wieder... warum versuchen wir nicht einfach einmal mit ihm zu reden?"

"Kaa-san..." Er wandte sich müde ab und drehte das Gesicht zu einem Poster. "Wir haben das schon sooft versucht, aber nichts wird sich ändern..." Shingo spürte den traurigen Blick seiner Mutter und seufzte.

"Es tut mir leid..." Sie küßte ihn auf die Stirn. "Wir schaffen das schon, nicht... Shingo?!" Sie verließ lächelnd das Zimmer und Shingo sah ihr hinterher. //Schaffen?// Tränen stiegen in ihm auf und er fuhr sich über das Gesicht. //Was sollen wir schon schaffen können... nichts wird sich ändern...!//

Shingos Gedanken wanderten. Er war es leid über seinen Vater und seine Familie nachzudenken. Mit diesem hatte er nur Probleme, und seit er Ken kannte, hatten sich die Probleme verdoppelt. //Mir helfen?// Shingo drehte sich zur Seite und spielte an dem Ohr eines Stoffhasen.

//Freundschaft? Vielleicht war es ja wirklich dumm von mir eine neue aufzubauen... ich weiß wohin die letzte geführt hat! Wenn ich es jetzt beende... ist es sicher besser... für mich und... für ihn...//

Kapitel 2

"Ichihara-san?" Schweigen. "Ist Ichihara-san heute nicht da?" Hawata-sensei sah sich überrascht um. Er war gewohnt Shingo immer anzutreffen. "Gut gehen wir weiter... Kinya-san..."

Ken sah zu Shingos Platz hinüber. Er war leer... er war heute nicht in der Schule. Und es war seine Schuld... er hatte ihn verletzt. Ken schloß die Augen und rief sich ein Telefonat mit seinem Bruder in Erinnerung. Tetsuya war unheimlich wütend auf ihn. Du wirst gefälligst zu seinem Geburtstag gehen... diese idiotischen Treffen! //Wie soll ich das anstellen? Ich hab ihm ins Gesicht gesagt, daß ich nicht komme.. wenn ich jetzt auf einmal sage, ich komme doch, stehe ich reichlich blöd da... außerdem hat er gemeint, ich solle gehen... was wenn er die Freundschaft beenden will?//

"Nakai-san!" Stille. "Nakai-san!!"

"Hoi, Ken..." Ken spürte etwas an seinem Rücken und bemerkte erst jetzt, daß sein Name gefallen war.

"Hai..." Er stand rasch auf.

"Also sind sie noch anwesend. Setzen sie sich!" Ken ließ sich langsam auf den Stuhl fallen. "Beginnen wir endlich!" Hawata-sensei schloß das Klassenbuch und wandte sich der Tafel zu. Ken hatte inzwischen schon wieder abgeschaltet, seine Gedanken galten im Moment nur Shingo. Du magst ihn doch, oder? Zeig es ihm...

//Mag ich ihn wirklich? Warum fällt es mir dann so schwer, es ihm zu sagen?// Ken spielte mit dem Stift in seiner Hand. Feigling... du hattest doch nur Angst es zuzugeben, es dir selbst einzugestehen! Weißt du es jetzt nicht besser? Tetsuyas Worte waren hart, aber er hatte Recht. //Was mache ich nur?// Baka, geh zu seinem Geburtstag! Sprecht euch aus! Aber was, wenn das Shingo nur wütend machen würde? Nein, er mußte es riskieren! Das Treffen kann warten! Ich habe schon abgesagt, also sollte ich es auch nutzen!

"Nakai-san!" Ken schreckte zusammen, und er hörte das Kichern einiger Mitschüler. Sein Lehrer stand vor ihm und sah ihn streng an. "Ich freue mich, daß sie uns mit ihrer körperlichen Anwesenheit beehren, aber ich fände es gut, wenn sie auch mit vollem Einsatz bei der Sache sind.

"Sumimasen!" Ken lief rot an. In dem Moment klingelte es. "Schon Schluß?" entfuhr es Ken, doch er erntete einen scharfen Blick von Hawata. Eilig packte er seine Sachen zusammen und entschlüpfte so ziemlich als erster dem engen Raum. //Koji!// Er lief die Treppe nach oben und sah schon auf halben Weg den langhaarigen Jungen. Er kam mit ein paar Klassenkameraden und sah ihn erstaunt an, als er Ken bemerkte.

"Na sowas... wie komme ich denn zu der Ehre?" Koji nickte seinen Freunden zu. "Ich komme nach!" Sie gingen murmelnd an Ken vorbei, er war immer noch Schulgespräch und jetzt wo er wieder da war, brodelte die Gerüchteküche.

"Ich möchte etwas mit dir bereden!" Ken deutete ihm zu folgen. Sie gingen auf das Schuldach, weil man hier am besten unter sich sein konnte.

"Um was geht es?" Koji ging einige Schritte hinter ihm... er mochte Ken nicht, und er wollte nicht allzu lange mit diesem reden. "Um Shingo-kun vielleicht?" Ken stoppte abrupt und wandte sich um.

"Genau, um Shin... Ichihara-san geht es!" Ken holte tief Luft und bemerkte den zweifelnden Blick Kojis. "Nun mal keine Angst, ich werde dich schon nicht auffressen!" Er lächelte.

"Wer hat Angst?" Koji trat neben ihn und ließ sich in auf die kalten Platten fallen. Ken lehnte am Zaun.

" Zurück zum Thema... es gibt da ein Problem, was ich mit Ichihara habe, und da du sein Freund bist, möchte ich dich um einen Gefallen bitten." Koji sah ihn wortlos an. Bat dieser Bastard wirklich um einen gefallen?

"He.... ich habe eine Frage? Was läuft eigentlich zwischen euch... seitdem du diesen Unfall hattest, hat er dich sooft besucht und auch danach noch... seid ihr Freunde?" Ken nickte leicht.

"Vielleicht..." //Ich hoffe, wir sind noch welche//

"Nein, nichts da! Laß ihn in Ruhe, okay? Ihr seid von Grund auf verschieden! Du tust ihm nur weh, wenn du ihm vorgibst sein Freund zu sein!" Koji sah ihn wütend an.

"Vielleicht... ist es dafür schon zu spät!" Kens Blick verfinsterte sich. "Tu nicht so, als würdest du mich kennen! Außer Shingo hat sich niemand die Mühe gemacht, mich jemals richtig kennenzulernen! Und glaubst du wirklich so gut über ihn Bescheid zu wissen, um sagen zu können wir seien verschieden...!" Koji stockte.

"Okay, was willst du?"

"Gehst du heute zu ihm?" Koji nickte...

"Er hat mich angerufen und mir gesagt, ich soll ihn in der Schule entschuldigen... ihm sei nicht gut! Deswegen will ich jetzt bei ihm vorbeigehen." Ken musterte ihn.

"Gibst du ihm das bitte von mir?" Er steckte dem Blonden einen Zettel zu.

"Was ist das?"

"Ist für Shingo... er soll es lesen, wenn er allein ist!" Koji stockte.

"Seit wann nennst du ihn Shingo?" Ken wandte sich ab. Er hatte nicht mitbekommen, daß er Shingos Vornamen benutzte. "Okay, ich gebe es ihm, aber wenn du ihm irgendwas angetan hast, mach ich dich fertig!" Ein Lächeln huschte über Kens Lippen und erstarb kurz darauf wieder. Er nahm seine Schultasche und langsam an Koji vorbei.

"Danke..." Er öffnete die Tür zum Treppenhaus und Koji stand auf und klopfte sich den Dreck ab. "Aber glaubst du wirklich du könntest mich fertigmachen?" Koji sah ihn überrascht an, und erkannte erst jetzt die tiefvioletten Augen. Dann war Ken verschwunden.

"Was war das denn jetzt?" Koji sah auf die Tür und dann auf den Zettel in seiner Hand. Dann zuckte er mit den Schultern und verließ hastig das Dach.

"Wie schön, daß du vorbeikommst!" Shingos Mutter lächelte Koji glücklich an, als dieser die Schuhe auszog.

"Guten Tag!" Koji verbeugte sich etwas. "Shingo ist doch da, oder?"

"Natürlich... oben in seinem Zimmer. Geh einfach hoch, ich bringe euch was zu trinken." Koji ging langsam die Treppe hoch, als ihm die Frau nochmals etwas zurief. "Ich hoffe du heiterst ihn etwas auf, er ist seit gestern so niedergeschlagen..." //Dabei sollte er sich wirklich freuen...// Koji nickte etwas verwirrt.

//Niedergeschlagen?// Er ging den Gang zu Shingos Zimmer und blieb vor der Tür stehen. Dann klopfte er vorsichtig an.

"Herein!" Koji öffnete langsam die Tür. Er war noch nie in Shingos Zimmer gewesen. Er sah sich kurz um... Poster, eine goldene Medaille und ein Bild zierten die Wand.

"Wer ist da?" Shingo sah von seinem Buch auf. Er lag bäuchlings auf dem Bett und drehte sich leicht zu der schwarzen Silhouette an der Tür. "Koji?"

"Hai,... ich bin es! Hast du etwa gedacht, ich lasse meinen besten Freund krank zu Hause rumliegen, ohne nicht wenigstens einmal vorbei zu kommen? Obwohl, was fehlt dir eigentlich?" Koji hatte nicht allzuviel von ihm gesehen. "Man ist das dunkel hier... man sieht dich gar nicht!" Koji ging schnurstracks auf das Fenster zu und zog mit einem Ruck dir Vorhänge auseinander.

"Warte!" Doch Shingos Protest kam zu spät.

"Schon besser!" Koji wandte sich herum und bemerkte erst jetzt sein Gesicht. "Du meine Güte, was ist denn mit dir passiert!?" Er zog sich den Stuhl zum Bett und setzte sich.

"Nichts weiter!"

"Du siehst aus, als hätte dich jemand verprügelt!" Shingo wich seinem Blick aus. "Masaka?!" Koji sprang auf. "Doch nicht etwa...?" Der Junge sah ihn fragend an.

"Was meinst du?"

"Doch nicht etwa Nakai-san?" Shingo verstand gar nichts mehr.

"Wie kommst du auf ihn?"

"Er hat mir heute das gegeben... ich soll es dir geben!" Er kramte das Zettelchen aus der Hosentasche und gab es Shingo. Dieser starrte schweigend auf das kleine leichtgraue Stück Papier. "Hat er dich etwa so zugerichtet? Er wirkte sowieso merkwürdig, als wir uns unterhielten!"

"Nein,... das war nicht er....!" Shingo warf fast automatisch diese Worte ein.

"Hmm?" Koji musterte ihn. So recht glauben konnte er ihm nicht... es war eindeutig für ihn. Die beiden kennen sich, irgendwas passiert und Nakai-san dreht durch und schlägt Shingo zusammen. Dann tut es ihm leid, und er will sich entschuldigen... mittels eines Briefchens, was er dem besten Freund gibt. Es war so logisch. "Für mich ist das glasklar!" fügte Koji hinzu. "Dieses Arschloch... dem werde ich's zeigen!"

"Nein... ich will das nicht!" Shingo sah ihn flehend an. "Laß ihn einfach in Ruhe, okay Ko-kun!?" Er knüllte den Zettel zusammen und warf ihn in Richtung Papierkorb. Er prallte am Rand am und kullerte etwas über den Boden.

"Aber...!"

"Es ist okay, wirklich! Es ist nicht seine Schuld...!" //Ich bin daran Schuld...//

In dem Moment ging die Tür auf.

"Ich habe euch was zu trinken gemacht!" Shingos Mutter stellte das Tablett ab und Koji nickte ihr dankend zu. "Koji-kun, kommst du am Samstag zu Shingos Geburtstag?"

"Sicher doch, Ichihara-san! Allerdings erst am Abend, da ich davor noch einen Sportwettkampf habe." Sie lächelte.

"Okay..." Dann schloß sie die Tür und die beiden waren wieder allein.

"Deine Mutter ist sehr nett, warum hast du mich nie vorher zu dir eingeladen?"

"Hatte meine Gründe!" murmelte Shingo.

"Okay, lassen wir diese leidige Thema... ich soll dich aufheitern, also laß uns über was anderes reden!" Er griff nach den beiden Gläsern und reichte eins Shingo. "Hier!" Sie verbrachten den Rest des Nachmittages mit Reden und Koji schaffte es tatsächlich Shingo ein wenig von seinen Gedanken abzubringen.

"Ich muß dann wieder!" Koji stand auf. "Es ist schon fast abend, und ich hab noch Schulaufgaben zu machen... Gomen!" Er stand auf und griff nach seiner Tasche.

"Koji? Arigato!" Shingo lächelte und Koji grinste zurück... "Gern geschehen,... vielleicht sehen wir uns morgen wieder, wenn ich Zeit habe, komme ich vorbei!" Shingo nickte und schon war Koji verschwunden.

Shingo stand langsam auf und stellte die Gläser auf das Tablett. Er war nicht so krank, daß er im Bett bleiben mußte. Sein Blick fiel auf das zusammengeknüllte Blatt Papier.

Er hat mir heute das gegeben... ich soll es dir geben! Shingo überlegte lange, doch dann faltete er den Zettel doch auseinander. Er schluckte und las dann:

//Bitte komm heute abend um 18 Uhr in den Park... ich will nicht das was ich sagen will in einen Zettel schreiben! Ich warte solange, bis du aufgetaucht bist! Ken//

Shingo knüllte den Zettel zusammen. //Baka// Er warf ihn in den Papierkorb und trug dann das Tablett nach unten.

"Du stehst endlich wieder auf? Ich hab mir schon Sorgen gemacht..." Seine Mutter blickte erfreut auf. Shingo lächelte. Sein Blick fiel unfreiwillig auf die Uhr... halb sechs. //Warum soll ich jetzt dorthin gehen?// "Ist etwas?" Shingo erschrak.

"Nein, wieso?"

"Du wirkst so verwirrt!" Sie lächelte und fuhr ihm durch die Haare. "Vater kommt heute später... wir essen jetzt und ich halte ihm etwas warm!" Shingo nickte. Seine Mutter hatte ihm erzählt, daß sein Vater endlich eine Arbeit angenommen hatte, bisher hatte er nahezu jede abgelehnt. Er war froh darüber... so war sein Vater nicht die ganze Zeit daheim und er hätte vielleicht mehr Freiräume. Das er heute daheim war, hatte dieser Tatsache zu verdanken, und seiner Mutter. Diese hatte gemeint, er solle sich ausruhen und sie werde es später mit ihrem Mann regeln. Nachdem ihr Mann ausgerastet war, sollte sich Shingo nicht mit so einem Gesicht in der Schule zeigen... sie ahnte, wie schwer es wäre für ihn.

"Was ist denn nun los?" Shingo hielt inne. "Du bist so schweigsam..." Sie deutete auf eines der Gläser. "Und was du da grad ißt, ist Chili!" Shingo fing an zu husten und angelte sich ein Glas Wasser. Seine Mutter lachte.

"Hör auf zu lachen!" brummelte er, als er sich beruhigt hatte.

"Also, was ist nun? Du guckst alle 5 Minuten auf die Uhr und bist abwesend... worüber denkst du nach? Es ist Nakai-san, oder?" Sie zwinkerte ihm zu

"Woher...?"

"Unterschätz` deine Mutter nicht! Nachdem du mir gestern alles erzählt hast, ist mir doch klar, worüber du dir Gedanken machst!" Sie lächelte. Shingo hatte ihr gestern einiges erzählt, den Kuß ließ er zwar aus, doch den Rest konnte er ohne bedenken erzählen. Er hatte ihr nicht verschwiegen, daß er die Freundschaft beenden wollte... sie konnte sich den Grund zwar denken, doch sie versuchte ihn davon zu überzeugen, daß weglaufen, der falsche Weg war.

"Koji hat mir vorhin einen Brief von ihm gegeben. Er wollte mich treffen... um 6 im Park!" Er sah seine Mutter hilfesuchend an, in der Hoffnung, sie könnte ihm diese Entscheidung abnehmen.

"Aber es ist ja schon nach 7!" rief sie und sprang auf. "Natürlich mußt du sofort in den Park! Oder willst du die Sache so offen lassen... kläre sie mit ihm. Ich finde du solltest nie eine Freundschaft brechen... und er ist vielleicht ein guter Freund... das was damals passiert ist, muß sich doch nicht wiederholen!" Sie zog ihren Sohn hoch und schob ihn in Richtung Tür.

"Aber...!"

"Kein aber... er wartet sicher noch auf dich!" Shingo verließ mißmutig das Haus und ging die Straße entlang in Richtung Park. //Warum sollte ich jetzt in den Park gehen?// Er stoppte und überlegte, ob er umdrehen sollte, doch er rief sich seine Mutter in Erinnerung. So lief er unverändert weiter, und es war fast 8, als er den Park erreichte. //Der ist eh nicht mehr hier...//

Shingo sah sich suchend um und lief ein Stück auf die große Uhr zu, am Nachmittag der Treffpunkt von Liebespaaren. Noch ehe er die Silhouette sah, wußte er, daß Ken da war. Er saß auf einer Bank und rauchte. Als er Shingo bemerkte hielt er inne in seiner Bewegung, sah jedoch nicht auf.

"Also, was willst du?" Shingo versuchte hart zu klingen.

"Ich bin froh, daß du doch noch gekommen bist!" Ken hob langsam den Kopf, bis sie sich direkt in die Augen sahen. "Was ich sage, fällt mir sicherlich nicht leicht, und für dich wird es etwas überraschend sein, aber ich will das nicht noch länger mit mir herumtragen."

"Was willst du? Nun gut ich habe auch etwas zu sagen, also trifft es sich ganz gut..."

"Zunächst will ich mich entschuldigen..." Shingo sah ihn überrascht an.

"Wofür?"

"Ich hab gelogen... ich meine deine Einladung zu deinem Geburtstag... deswegen bist du wahrscheinlich wütend. Ich hatte an dem Tag ein Treffen mit der Gang..."

"Wolltest du nicht austreten?" Shingo sah ihn leicht entsetzt an.

"Ich weiß nicht... sie bedeutet mir viel..."

"So..." Shingo starrte zur Seite.

"Das ich dir weh getan habe mit meiner Antwort tut mir leid... deswegen gehst du mir jetzt aus dem Weg oder?"

"Du siehst das falsch! Ich habe meine Gründe, warum ich die Freundschaft beenden will!" Ken sah ihn nun verblüfft an.

"Wie bitte? Du willst das alles beenden? Wieso? Findest du es so schlimm, mit mir zusammen zu sein?"

"Ich weiß nicht was du meinst... aber ich bin nicht hergekommen, um mir das anzuhören!" Er wollte gehen, als Ken plötzlich aufsprang und ihn festhielt.

"Weswegen bist du dann gekommen...?"

"Ich weiß es nicht! Was willst du noch?" Shingo sah ihn wütend an, und versuchte sich loszureißen, doch Ken zog ihn weiter zu sich.

"Ich..." Ken kam ins stottern, dabei hatte er sich sooft vorgenommen nicht zu stottern. Er hatte diese Szene wieder und wieder in Gedanken durchgespielt, doch all seine Vorsätze waren mit einem mal verschwunden. //Sag es ihm!// "Ich..."

"Was soll das werden?" Shingo sah ihn fragend an. //Was will er denn noch? Doch nicht etwa...?//

"Ich liebe dich!" Ken war selber etwas über diese Direktheit überrascht und Shingo sah ihn verdutzt an. //Hatte er das jetzt eben wirklich gesagt?//

"Nani...?" Shingos Stimme war so zart und leise, daß sie fast nicht zu hören war. Ken sah ihn ernst an. "Lügner..." Shingo sah ihn mit Tränen in den Augen an. "Lügner!! Soll ich dir das jetzt wirklich glauben? Wieso, weil ich sagte, daß ich das beenden will?"

"Nein! Ich meine was ich sage! Ich habe es bisher nur noch nicht verstanden, doch jetzt hab ich Klarheit darüber!" Er wischte Shingo eine Träne aus dem Auge. "Ich liebe dich!" Noch ehe Shingo noch etwas sagen konnte, hob Ken sein Kinn an und küßte ihn. Shingos Augen weiteten sich... schon wieder. Er spürte Kens sanfte, warme Lippen und erst nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte, riß er sich los. Ken sah ihn fragend an.

"Laß das!" Shingo wischte sich wütend über den Mund. "Ich will das nicht! Ich meine auch was ich sage... ich will das hier beenden!" Ken sah ihn leicht geschockt an. "Ich will deine Freundschaft nicht mehr... ich weiß nicht mal, ob du ernst meinst, was du sagst."

"Na schön, wie kann ich es dir beweisen?" Ken sah ihn herausfordernd an.

"Beweisen?" Shingo wiederholte das Wort leise.

"Genau... wie wär's wenn ich zu deinem Geburtstag komme?"

"Du hast das Treffen doch eh schon verschoben... da ist nicht viel dabei!" Shingo fiel es nun immer schwerer hart zu bleiben. //Ich muß es beenden, aber...//

"Aber... tritt aus der Gang aus..." Ken zuckte zurück und senkte den Kopf.

"Ich..."

"Ich will nicht, daß du Mitglied bei denen bist... du bist nicht so wie die... ich kenne dich besser!" Shingo sah ihn an und ein Lächeln huschte fast unsichtbar über seine Lippen.

"Das muß ich sehen..." Ken wandte sich ab und zündete sich eine neue Zigarette an. Sie schwiegen eine ganze Zeit lang und dachten über den anderen nach. //Ich wußte es... die Gang ist ihm wichtiger als ich.... aber warum bedeutet mir das soviel? Warum will ich, daß er mich beachtet...? Ich will doch, die Freundschaft beenden, oder? Ich verstehe mich selbst nicht mehr!// Shingo blickte auf die Uhr und drängte langsam nach Hause.

"Ich gehe dann..." Ken sah ihn von der Seite an und nickte kaum merkbar. Dann verschwand Shingo den Weg den er gekommen war. Ken sah ihm lange nach. //Es ist doch eigentlich ganz gut gelaufen// Erst jetzt machte sich die Aufmerksamkeit bemerkbar, die er die ganze Zeit erfolgreich unterdrückt hatte. Es dürfte nicht schwer sein das erste Versprechen zu erfüllen, aber die Gang? Er war gerne ihr Anführer und liebte es mit ihnen durch die Stadt zu fahren und mit ihnen zusammen zu sein. Du bist nicht so wie sie...

//Aber ich bin auch nicht so wie du....// Ken ging langsam ebenfalls in Richtung Stadt. Er wollte sich noch in eine Bar setzen und darüber nachdenken, bevor er nach Hause ging. Tetsuya in der Sache zu fragen war sinnlos, er wollte ja selber, daß sein kleiner Bruder aus der Gang austreten würde. //Tja... wer sagt, daß das Leben einfach ist...?// Ken zog tief an der Zigarette, als er den dunklen Park hinter sich ließ.

Die folgenden Tage kam Shingo zwar wieder zur Schule, doch irgendwie ging er Ken dann doch aus dem Weg. Hawata-sensei sagte er, er sei die Treppe heruntergefallen, deswegen sah sein Gesicht zu zerkratzt aus. Erst am Donnerstag nahm Ken allen Mut zusammen und ging auf Shingo zu.

"Hallo!" Ken stand plötzlich neben seiner Bank und lächelte ihn an. Shingo murmelte kaum hörbar etwas zurück und packte die Sachen in seine Tasche. "Hast du heute Nachmittag Zeit? Ich würde gerne etwas mit dir besprechen!" Er musterte den Jungen und bemerkte, daß diesem gar nicht wohl bei dem Gedanken war.

"Muß das sein?" Shingo wollte gerade gehen, als Ken ihn zurückhielt.

"Ja verdammt! Du gehst mir seid einer Woche aus dem Weg."

"Ich hab ja auch meine Gründe!" Shingo funkelte Ken lange an. Dann zog ihn Ken in den Abstellraum. Er schloß die Tür und wandte sich an Shingo, der an der Wand stand. "Was soll das jetzt werden?" Ken stemmte seine Hände gegen die Wand und Shingo sah ihn erschrocken an.

"Hör auf!" sagte Ken ganz ruhig. "Hör auf dich so zu verhalten! Du tust mir weh, wenn du so abweisend bist!" Shingo sah ihn verblüfft und fragend an. "Nun tu doch nicht so! Du schaust mich an als wäre ich ein Verbrecher, redest nicht mit mir und gehst mir aus dem Weg." Er funkelte ihn lange an. "Ist es weil ich dir gesagt habe, daß ich dich liebe? Haßt du mich jetzt etwa?" Shingo starrte ihn ausdruckslos an.

"Ich weiß es nicht!" murmelte Shingo. "Ich weiß nicht, was ich von dir denken und halten soll! Auf der einen Seite sagst du sowas, und auf der anderen weiß ich nicht, ob ich dir vertrauen kann."

"Nun komm nicht wieder mit der Sache an... es tut mir ja leid, okay!" Shingo schüttelte den Kopf und befreite sich aus der Gefangenschaft.

"Das meine ich nicht! Du engst mich ein... ich kann nicht einmal abschätzen, ob du es ernst meinst."

"Wie war das?" Ken sah ihn ungläubig an. "Ich will irgendwann eine Antwort von dir!" Shingo sah ihn entgeistert an.

"Die kannst du jetzt schon haben! Laß mich einfach in Ruhe!" Doch gerade das machte Ken wütend.

"Laß das!" Er funkelte ihn mit seinen violetten Augen an und Shingo wich verängstigt zurück. "Das ist auch neu für mich... ich habe noch nie jemandem so offen gegenübergestanden wie dir! Also hör auf... hör auf dich über meine Gefühle lustig zu machen!" Shingo sah ihn verblüfft an und traute sich kein Wort zu sagen. Dann beugte sich Ken zu ihm und küßte ihn sanft auf die Lippen. Shingo fuhr zurück, doch die Wand verhinderte das zurückweichen. Er spürte Kens Hände durch seine Haare wandern. Schließlich gab Shingo es auf sich zu wehren. Er mußte an Kens Worte denken. Hör auf, dich über meine Gefühle lustig zu machen //Mache ich mich lustig darüber?// Ken hielt inne, als er bemerkte, daß Shingo ihn zurückküsste und löste sich dann von ihm. Sie sahen sich lange an, bis Shingo sich losriß und den verdutzten Ken stehenließ.

Shingo kam erst daheim wieder zum stehen. Er lehnte sich erschöpft an den Holzzaun und atmete heftig. Er war den ganzen Weg gerannt. Er hatte plötzlich Angst bekommen, als er sich eingestand, daß er Kens Küsse mochte, und besonders, als er ihn zurückgeküsst hatte. Sein Herz schlug wie wild und er brauchte lange, ehe er sich halbwegs unter Kontrolle hatte. Dann ging er langsam rein. Er konnte seinen Vater und seine Mutter reden hören. Er ging leise die Treppe nach oben und schloß sein seine Zimmertür. Dann ließ er sich aufs Bett fallen und schloß die Augen. Wie die anderen 4 Tage, mußte er an Ken denken... und an das, was er gesagt hatte. Sein Herz machte jedesmal einen Sprung, wenn er daran dachte... er hatte sich ständig gefragt, warum er sooft bei Ken war... liebte er ihn vielleicht auch, und wollte es sich nicht eingestehen? Er mochte Ken und er mochte geküßt zu werden...

Ken blieb vor Shingos Haus stehen... er überlegte lange, ob er nicht doch lieber nach Hause gehen sollte, doch er mußte es wissen. Bis morgen war er vor Neugierde gestorben. Daß Shingo ihn zurückgeküsst hatte, würde ihm keine Ruhe geben. So ging er an die Haustür und klingelte. Er wartete etwas, dann hörte er Schritte und Shingos Vater öffnete die Tür. Er sah ihn lange ernst an und Ken dachte schon, er würde ihn gleich anschreien und verprügeln, für seine Worte das letzte Mal. Doch dann tauchte Shingos Mutter auf. Ichihara-san war genauso überrascht, wie ihr Mann ihn zu sehen.

"Guten Tag..." Ken sah beide zögerlich an, doch schließlich lächelte Shingos Mutter und ließ ihn reinkommen. "Ich wollte zu Shingo..."

"Ist er schon da?" Die Frau tat überrascht. Sie sah heute um ein vielfaches jünger und glücklicher aus.

"Er ist schon da? Ich hab ihn gar nicht kommen hören!" Ken konnte sich denken warum. "Geh einfach mal hoch und sieh nach, ob er da ist... wenn nicht, kannst du gerne auf ihn warten." Ken nickte und lächelte leicht.

"Möchtest du etwas trinken?" Ken schüttelte leicht verlegen den Kopf.

"Nein... danke!" Dann ging er die Treppe nach oben. Er spürte den Blick von Shingos Vater im Nacken, doch er sagte nichts, um Ken davon abzuhalten, zu Shingo zu gehen. Dabei war er doch am Anfang so entsetzt, als dieser Ken im Krankenhaus besuchte... Er verharrte kurz vor Shingos Tür und ging dann vorsichtig hinein. Er sah Shingo auf dem Bett liegen und es sah so aus, als würde er schlafen. Ken schloß leise die Tür und ging zu ihm herüber. Er beobachtete ihn etwas und setzte sich dann aufs Bett. Er schwieg einige Zeit und strich ihm dann sanft über das Haar. Shingo seufzte etwas, schlief jedoch weiter. Doch ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen. Ken schloß verwirrt die Augen und betrachtete ihn dann weiter. Dann beugte er sich hinunter und küßte Shingos Lippen. In diesem Moment wachte der andere auf und es dauerte eine Weile, bis er wußte, wer ihn küßte. Er stieß Ken weg und sah ihn mit einer Mischung aus Überraschung, Angst und Wut an.

"Was machst du hier? Seit wann...?" Ken legte einen Finger auf Shingos Lippen.

"Shhh... Nun mal langsam." Ken lächelte und wandte sich dann ab. "Ich war überrascht wegen vorhin... und ich wollte nun... ich hätte es nicht bis morgen aushalten können!" Shingo lief knallrot an und man merkte, wie nervös er wurde. "Kann es sein, daß du mich vielleicht doch magst? Mir ist erst jetzt die Frage gekommen, warum du mich besucht hast, warum du dich um mich gesorgt und gekümmert hast, als ich krank war. Ich habe dir weh getan, warum hast du dich nicht, wie alle anderen von mir ferngehalten?" Shingo schüttelte den Kopf.

"Ich weiß es nicht..." gab er leise zu. Ken nickte.

"Ist okay... ich will dich nicht drängen." Er wollte gerade gehen, als Shingo ihn festhielt.

"Warum bleibst du nicht ein bißchen?" Ken sah ihn lange an, doch er überspielte seine Überraschung und setzte sich schweigend wieder. "Ich möchte gerne mit jemandem reden..." Shingo sah ihn nicht an, sondern starrte in eine Ecke des Zimmers.

"Worüber willst du reden?" Ken sah ihn geduldig an.

"Über mich... was weißt du von mir?"

"Nicht soviel..."

"Wie kannst du dann sagen, daß du mich liebst?" Ken sah ihn schweigend an. Dieses Gefühl kommt doch nicht aus der Vergangenheit, sondern aus dem Jetzt... warum sollte er ihn nicht lieben können, wenn er ihn nicht richtig kennt?

"Ich habe mit 14 fast einen Jungen getötet!" Ken sah ihn so verblüfft an, daß Shingo schon aufhören wollte. Doch Ken fing sich wieder.

"Erzähl mir davon..." Shingo glaubte seinen Ohren nicht. Er hätte gedacht, Ken würde jetzt gehen, doch statt dessen sah er ihn ruhig an und lächelte sogar. "Hey, guck nicht so... hast du gedacht, ich gehe jetzt? Irrtum, ich will die Geschichte hören."

"Wir haben zu der Zeit noch in Osaka gewohnt. Ich mochte es dort... ich hatte viele Freunde..." er stockte. "Dann kam der Sommer, in dem es passiert ist. Ich habe mit Freunden eine Fahrradtour unternommen. Wie sind hinaus ans Meer gefahren. Auf dem Rückweg hat uns eine Gruppe Jugendlicher angehalten. Sie wollten mit Ben reden..."

"Ben?"

"Er war Austauschschüler... er war zu dem Zeitpunkt mein bester Freund." Ken sah ihn lange an. "Als er gefragt hat, was los sei... haben sie angefangen ihn zu beschimpfen. Wir wollten weiterfahren, doch sie stießen Ben vom Rad und haben auf ihn eingeschlagen. Ich sah die anderen an, doch die hatten alle zuviel Angst einzugreifen. Ich habe sie angefleht aufzuhören, doch sie haben nicht auf mich gehört. Sie waren der Meinung Ben hätte eines ihrer Mädchen angemacht und sich mit ihm verabredet."

"Hat er das..?"

"Ja... aber das Mädchen ist gerne mit ihm zusammen gewesen, ich glaube sie mochten sich. Doch ihr Freund war anderer Meinung, besonders weil er Ausländer war." Shingo hielt inne. "Als sie mit irgendeiner Eisenstange auf ihn los wollten, ist bei mir ne Sicherung durchgebrannt. Ich habe irgend einen Stein genommen und dem Typen mit der Stange immer wieder damit auf den Kopf geschlagen. Ich weiß nicht mehr, wie oft ich zugehauen habe, aber erst, als mich einer der anderen davon festhielt und zurückzehrte, habe ich mich wieder beruhigt."

Ken sah ihn lange an. Er wußte nicht, was er sagen sollte, also ließ er Shingo weiterreden.

"Der Junge lag mehrere Tage im Koma, und ist fast gestorben. Ich habe ihm den Schädel zertrümmert. Die Tage danach waren am schlimmsten. Mein Vater hat mich furchtbar verprügelt, an der Schule sind sie mir aus dem Weg gegangen und sogar meine Freunde mieden mich. Ben kam kurz darauf aus dem Krankenhaus, doch er hat nie mehr mit mir geredet sich nicht mal bedankt. Wir sind kurz darauf hierher gezogen. Ich habe nie jemandem davon erzählt..."

Er wandte nach einiger Zeit seinen Kopf zu Ken, um zu sehen, was er empfand. Zu seiner Überraschung starrte er in die selben Augen wie zuvor.

"Und?" Ken sah ihn lange an. "Was glaubst du was ich jetzt mache? Weggehen...? Dich allein lassen, nachdem du mir soetwas erzählt hast!" Shingo sah ihn überrascht an. "Mir ist es so ziemlich egal... was du getan hast... im Gegenteil, ich bewundere dich dafür! Die eigentlichen Schweine sind die Typen, die das gemacht haben und alle, die dich im Stich gelassen haben!"

"Das... hat noch nie jemand gesagt."

"Du hast es auch noch nie jemandem erzählt!"

"Richtig... nicht, seitdem ich hier bin,... ich hatte Angst! Angst, daß mich die anderen auch im Stich lassen. Deswegen hab ich mir gesagt, bist du eher ruhig und baust nur leichte Freundschaften auf..." Shingo liefen Tränen über die Wangen und er senkte das Gesicht. "Danke..." murmelte er.

"Schon okay... du brauchst keine Angst zu haben... ich werde dich deswegen nicht fertigmachen. Ich bin froh, daß du mir so etwas erzählt hast... wirklich froh!" Ken hob Shingo Kinn an und wischte ihm mit der anderen Hand die Tränen weg. Dann küßte er ihn lange. Shingo wehrte sich diesmal überhaupt nicht, er ließ sogar Kens Zunge zu und die beiden versanken in einen langen Kuß. Ihre Zungen umspielten einander und erst als die beiden fast keine Luft mehr bekamen, unterbrachen sie den Kuß. Ken sah Shingo lange an, und dieser lächelte kurz.

"Vielleicht mag ich dich doch..." murmelte Shingo kaum hörbar, doch Ken hatte ihn sehr wohl verstanden. Sein Herz machte einen gewaltigen Sprung, und wenn es nicht an der Tür geklopft hätte, wäre Ken ihm wahrscheinlich um den Hals gefallen und hätte ihn wieder und wieder geküßt.

Shingos Mutter kam lächelnd mit zwei Tassen herein. Sie stellte sie auf den Tisch und musterte beide. Ken hatte sich ans andere Ende des Bettes geflüchtet als er sie hörte.

"Alles okay? Ihr seht beide so merkwürdig aus...!"

"Es... es ist nichts,... Kaa-san!" stammelte Shingo und lief knallrot an, als er Ken ansah. Die Frau musterte die beiden grinsend und verließ dann das Zimmer. Die beiden Jungs starrten sich an und lachten dann los.

"Nichts? Meine Güte, das war ja sowas von eindeutig..." lachte Ken und rückte wieder näher zu Shingo. Sie legten sich nebeneinander aufs Bett und Ken nahm Shingo in die Arme. Er streichelte sanft seinen Arm. Nach einiger Zeit saß Shingo auf und sah Kenn an.

"Wolltest du deswegen unsere Freundschaft beenden?" Shingo nickte.

"Hm... Ich hatte Angst, daß wieder so etwas passiert.. das ein Freund vor meinen Augen fast stirbt, und wenn ich helfe, daß ich..."

"Hey, ist doch okay... und so leicht sterbe ich nicht!" Ken schloß die Augen und strich ihm langsam durch die Haare.

"Bist du schon aus der Gang ausgetreten?" Ken sah ihn lange an, und schüttelte dann den Kopf. Shingos Gesicht wirkte entgeistert. Ken beugte sich zu ihm und wollte ihn küssen, doch Shingo entzog sich ihm. "Du trittst doch noch aus, oder?" Ken wandte den Kopf ab. Die beiden schwiegen eine Zeit. "Warum willst du immer noch mitmachen?" fragte Shingo leise.

"Weil es mir sehr viel bedeutet..."

"Mehr als ich?" Ken sah den Jungen überrascht an.

"Nein, natürlich nicht!"

"Warum hörst du dann nicht auf?" Statt auf die Frage zu antworten, herrschte Ken ihn an.

"Was geht dich das an? Ich liebe es.. ich liebe Motorräder und ich liebe die Gang! Warum soll ich austreten?" Er starrte wütend auf Shingo, und dieser funkelte ihn mit seinen grünen Augen zurück.

"Weil ich das nicht will!"

"Wieso?" Ken schrie fast.

"Weil ich Angst um dich habe... was ist, wenn du das nächste Mal die Kurve nicht kriegst... was ist wenn du stirbst? Ich wollte genau deswegen die Freundschaft beenden, weil ich weiß, daß ich dir nicht helfen kann, wenn du fährst!" Die beiden sahen sich einen Moment überrascht an. Dann wandte sich Shingo ab und stand auf.

"Du machst dir Sorgen um mich?" Ken bereute sofort seine Worte. Shingo ging schweigend zum Tisch hinüber und nahm sich eine der Tassen, die seine Mutter hergebracht hatte. "Tut mir leid... ich wollte dich nicht anschreien!" murmelte Ken und ging zu ihm hinüber. "Ich verspreche dir auf mich aufzupassen... ich werde das nächste Rennen mit Absicht verlieren, dann bin ich kein Anführer mehr,... aber ich kann nicht austreten, dazu bedeutet es mir zuviel." Er sah Shingo lange an, doch dieser sagte nichts. "Ist das okay für dich?" Wieder keine Reaktion. Er umarmte Shingo von hinten und küßte sanft seine brauen Haare. Sie dufteten nach Shampoo und waren samtweich.

"Mach, was du willst!" antwortete Shingo, ohne sich umzudrehen. Sie standen eine Zeit lang da. Ken hielt es dann für besser zu gehen.

"Sei nicht böse... wir sehen uns morgen, okay?" Er verschwand rasch aus dem Zimmer... er hätte es keine Sekunde länger ausgehalten. Er lief rasch die Treppe hinunter. warf Shingos Mutter ein schnelles "Auf Wiedersehen" zu und war dann verschwunden.

Shingo lag lange auf seinem Bett und starrte an die Decke. Es stimmte... er mochte Ken, wenn nur diese Gang nicht wäre! Wieso war sie ihm so wichtig. Tetsuya-san hatte ihm schon gesagt, daß Ken in dieser Beziehung stur war, aber trotzdem... //Vielleicht sollte ich ihm einfach vertrauen...//

Ken kam den folgenden Tag nicht in die Schule. Er überlegte den ganzen Tag, was er Shingo zum Geburtstag schenken könnte. So verbrachte er den Tag damit, durch die Straßen Tokyos zu laufen und nach etwas passendem Ausschau zu halten.

"Ken!" Der Junge wirbelte herum und blickte in ein wütendes Gesicht.

"Aniki...!" Ken hätte am liebsten die Flucht ergriffen, doch schon im nächsten Moment schimpfte Tetsuya los.

"Was zum Teufel machst du hier? Schwänzt du etwa schon wieder die Schule?" Er sah ihn böse an. Im nächsten Moment ergriff er Kens Arm und wollte ihn hinter sich her ziehen.

"Hey, was wird das?" protestierte Ken.

"Du machst dich sofort auf den Weg in die Schule... wir hatten da ne Abmachung!" Ken rollte genervt die Augen und riß sich los.

"Das geht heute nicht..."

"Wieso?"

"Weil ich ein Geburtstagsgeschenk brauche!" Tetsuya sah Ken überrascht an. Erst jetzt fiel ihm Shingo ein.

"Ahh... ihr habt euch wieder versöhnt?" Tetsuya musterte ihn grinsend. "Okay.. laß uns darüber reden... ich vergesse die Sache mit dem Schwänzen für heute mal!" Er deutete auf ein Café und die beiden setzten sich an einen der äußeren Tische. Dann erzählte Ken ihm so ziemlich alles, was passiert war. Tetsuya hörte schweigend zu und unterbrach Ken nicht ein einziges Mal. Als dieser fertig war, schüttelte Tetsuya den Kopf.

"Man, bist du ein Idiot!" Ken sah ihn überrascht an. "Das ist doch eindeutig, daß er vielleicht auch eine Beziehung will... und du schiebst diese blöde Gang davor! Steig aus!" Tetsuya sah ihn scharf an. "So wie du das erzählst, liebt Shingo-kun dich auch, er traut sich nur nicht es zu sagen, und er testet dich, um zu erfahren, ob du es ehrlich meinst! Ist dir die Gang so wichtig?" Ken nickte leicht. "Wichtiger als Shingo?" Ken wußte darauf keine Antwort.

"Nein, ich glaube nicht..." murmelte er.

"Du Glaubst? Sie waren nicht für dich da, als du sie gebraucht hast, Shingo schon,... Er hat dir von sich erzählt und von seiner Angst, was weißt du über die anderen?" Ken erinnerte sich an Komiko und ihr Gespräch in der Bar. Stimmt er war überrascht gewesen....

"Was brauchst du noch, um sagen zu können, wer wichtiger ist?" Tetsuya atmete hörbar aus und nippte an seinem Kaffee. "Hör zu Ken, unsere Eltern werden dich auch nicht beachten, wenn du in einer Gang bist!" Ken sah ihn überrascht an.

"Du wußtest es?"

"Daß du ihre Aufmerksamkeit erregen wolltest? Klar, ich habe es gewußt, deswegen habe ich dir auch mit der Polizei geholfen... aber hör zu, du bekommst so nie ihre Aufmerksamkeit... warum gehst du nicht einfach mal zu ihnen. Was bringt es darauf zu warten, daß sie kommen! Du mußt von dir aus zu ihnen gehen!" Ken schielte zur Seite. Er kannte keine Antwort darauf. "Das hat Shingo auch gesagt!"

"Wie?"

"Er hat gemeint, daß du zu ihnen gehen solltest und mit ihnen reden solltest. Er hat es auch gewußt... der Grund warum du in der Gang bist!" Tetsuya stellte die Tasse ab und beobachte Ken. "Er will dir genauso helfen, wie ich... also tritt aus, und triff dich mit Kaa-san und Odo-san!"

Nachdem sie sich eine ganze Zeit lang angeschwiegen hatten, stand Tetsuya auf.

"Okay, gehen wir ein Geschenk für ihn suchen!"

Die Beiden verbrachten den ganzen Nachmittag damit etwas passendes für Shingo zu finden. Am Schluß hatten sie einen Regenbogenanhänger und 3 weiße Lilien für ihn. Ken zweifelte zwar etwas an dem Geschenk, doch er ließ sich von Tetsuya breitschlagen.

"Also dann.. ich werde dann wohl auch nach Hause gehen! Viel Spaß morgen... und denke ein bissel darüber nach, okay?" Tetsuya zwinkerte Ken zu und wollte schon um die Ecke biegen, als er sich umdrehte und Ken etwas zuwarf.

"Hier!"

"Was ist das?" Ken betrachtete die kleine Packung, bis er erkannte, daß ihm sein Bruder ein Kondom zugeworfen hatte. Er lief knallrot an und wandte sich an Tetsuya: "Was soll das?"

"Man, ist doch nur Spaß... aber man sollte auf alles vorbereitet sein!" Er grinste übers ganze Gesicht und verschwand dann rasch um die Ecke, um der Wut seines Bruders zu entgehen.

Ken öffnete seufzend die Tür und knallte den Schlüssel auf die Kommode. Er lief durch das leere, dunkle Haus. Noch nie hatte er sich so einsam gefühlt, wie jetzt. Er haßte es.. diese unendlich vielen, dunklen Räume, ohne Leben. Normalerweise würde er sich jetzt mit der Gang treffen, ein paar Runden fahren, quatschen, rauchen und trinken... doch irgendwie hatte er auch dazu keine Lust.

//Seit wann bin ich so lustlos?// Er ließ sich in den dunklen Sessel fallen und schloß die Augen. Irgendwie war all seine Energie den Bach hinunter. Er wußte nicht, wie lange er in dieser Null-Bock-Haltung dasaß und vor sich hindöste, als die Klingel ertönte. Zuerst wollte er sie ignorieren, doch dann stand er doch auf und riß die Tür mit einem genervten Gesicht auf.

"Ja?" Der Junge schreckte ein wenig zurück und Kens Gesichtsausdruck wandte sich in Überraschung um. "Shingo?" Der Junge trat ans Licht und nickte leicht.

"Tut mir leid... ich wollte nicht stören..." Er versuchte zu lächeln, doch es erstarb ihm auf den Lippen.

"Nein... du störst nicht... willst du reinkommen?" Ken trat etwas zurück und öffnete die Tür. Shingo huschte hinein und blieb unschlüssig im Flur stehen. "Was machst du denn hier?" Ken klang besorgt.

"Nun, du warst heute nicht in der Schule und du weißt gar nicht, wann du morgen kommen sollst!"

"Stimmt... aber da hätte doch ein Anruf gereicht..." Shingo sah ihn beleidigt an und Ken nahm rasch seine Worte zurück. "Das heißt nicht, daß ich mich nicht freue dich zu sehen, im Gegenteil!" Er lächelte und schloß die Tür. Dann zog er den Jungen zu sich und küßte ihn auf die Stirn. Shingo lächelte und umfaßte Kens Hüfte.

"Also, wann beginnt die Feier morgen...?"

"Hm... dann, wenn ich nach Hause komme..."

"Wie meinst du das jetzt...?" Ken sah ihn fragend an.

"Ich habe meinen Eltern gesagt, daß ich die Nacht bei einem Freund verbringe. So können sie alles vorbereiten, haben sie gesagt."

"Wirklich? Aber... dein Vater...?"

"Keine Sorge, der hat zwar warnend geschaut, aber was er nicht weiß..." Shingo grinste und wand sich aus Kens Umarmung.

"...macht ihn nicht heiß..." Ken vollendete den Satz und lächelte.

"Es macht dir doch nichts aus, oder?"

"Nein... gar nicht!" Ken wedelte mit den Armen und grinste dann. "Hast du Hunger? Ich hab noch gar nichts gegessen." Shingo nickte und Ken zog ihn in die Küche. "Ich warne dich.. ich lebe von Fast Food...." scherzte er.

"Okay, dann koch ich uns was Richtiges!" Shingo sah sich um und öffnete den Kühlschrank. Er suchte kurz und begann einiges herauszulegen.

"Echt?"

"Ja... laß mich nur machen...!" Ken lächelte.

"Bin gleich wieder da." Schon war er aus der Küche verschwunden. Ihm war der Anhänger und die Lilien eingefallen... er mußte sie so schnell wie möglich verstecken. Er sah sich suchend um und verstaute den Anhänger in einer Schatulle, die Lilien wickelte er in nasses Papier und legte sie auf ein Fensterbrett. Dann zog er die Gardine davor.

"So... fast nicht zu erkennen!" Er ging pfeifend zurück in die Küche. Der Geruch von Gebratenem stieg ihm in die Nase und er äugte über Shingos Schulter in die Pfanne. "Was kochst du?"

"Laß dich überraschen..." murmelte dieser und drückte ihm ein paar Tomaten in die Hand. "So, mach dich mal nützlich... waschen, schneiden..."

"Legen..." scherzte Ken und begann die Tomaten zu waschen. Das stellte sich nur als einfach heraus, beim Schneiden hatte er erhebliche Probleme. "AUA!" Er hielt sich den Finger und steckte ihn in den Mund.

"Schon wieder?" Shingo drehte sich herum und sah auf die Tomate und dann auf Ken. "Das ist das dritte Mal, das du dich geschnitten hast." Es klang wie ein Vorwurf und Ken setzte zu einem leichten Protest an.

"Ich esse aus gutem Grund nur Fast Food!"

"Laß mich das machen!" Shingo seufzte und erlöste ihn. Er war sehr geschickt und hatte binnen kurzer Zeit den Rest aufgeschnitten und kippte sie in die Pfanne. Dann tat er den Deckel drauf und wandte sich an Ken. "Okay, zeig her...!" Er ergriff Kens Handgelenk und sah sich den zerschnittenen Finger an. "Habt ihr irgendwo Pflaster?"

"Dort oben!" murmelte Ken und deutete auf einen kleinen Schrank. Shingo holte das Verbandszeug hervor. Dann begann er Ken zu verarzten, wobei es diesem mehr als peinlich war.

"So fertig!" Er entließ Kens Hand der Freiheit und sah ihn grinsend an.

"Was?" Ken wirkte gekränkt.

"Nichts..." Shingo packte den Verbandskasten weg, während Ken aus seine Finger starrte. Ohne eine Vorwarnung stand er hinter Shingo und umarmte ihn. "Hey... was...?" Shingo wollte protestieren, als er Kens Lippen auf seinen spürte. Er drehte sich etwas in Kens Armen, bis sie sich gegenüberstanden.

"Du bist die perfekte Hausfrau... weißt du das?" scherzte Ken und grinste Shingo an, welcher knallrot anlief.

"Haha..." Shingo wandte sich aus der Umarmung und lief zum Herd. Kurz darauf saßen die beiden am Tisch und aßen.

"Wow... das schmeckt wirklich gut!" Ken steckte sich einen weiteren Bissen in den Mund und grinste. Shingo musterte ihn kurz und lächelte dann.

"Danke..."

"Hey, machst du morgen auch Frühstück?"

"Was denn, kannst du das nicht selber?"

"Ich esse nie Frühstück!" Ken trank etwas Tee.

"Wie ungesund... Fast Food, Zigaretten.... und..." Er stockte und blickte auf seinen Teller.

"Und was?"

"Und die Gang..." vollendete Shingo den Satz.

"Man, bist du hartnäckig...!" Ken beugte sich zu ihm und strich ihm über das Gesicht. Dann seufzte er. "Lassen wir das Thema für heute, okay? Ich bin nicht in der Stimmung zu streiten!"

"Okay..." Ken sah Shingo überrascht an. Er gab so leicht auf. "Ich vertraue dir... du machst schon das Richtige!" Shingo lächelte leicht.

Kurz darauf saßen die beiden in Kens Zimmer. Shingo hatte es sich auf dem Bett bequem gemacht, Ken saß auf dem Boden und blätterte in einer Automobil-Zeitschrift.

"Hier... das Motorrad ist klasse... mit das neuste auf dem Markt. Ich mag das Design!" Er hielt Shingo die Zeitung hoch.

"Du magst Motorräder wirklich sehr." bemerkte Shingo.

"Ja... ich liebe die Geschwindigkeit..."

"Autos sind auch schnell!" warf der Junge ein und verschränkte die Arme über Kens Brust.

"Aber beim Motorrad ist das Feeling anders... es ist viel besser..." Ken holte tief Luft. "Ich hab immer gedacht, je schneller ich fahre, um so schneller bemerken mich meine Eltern. Ich dachte, sie würden mich sehen und dann mit mir reden...."

"Hat nicht geklappt, oder?"

"Bis jetzt nicht... aber ich will es weiter versuchen."

"Warum redest du nicht einfach mit ihnen... ist es so schwer den ersten Schritt zu gehen?" Ken schluckte.

"Vielleicht... ich habe Angst, sie verachten mich dann..."

"Wieso sollten sie das machen?" Shingo lächelte. "Tja... meine Eltern sind zwar da, aber ich kann nur mit meiner Mutter reden."

"Tut mir leid... du hast selber Probleme und ich belaste dich mit meinen." //Sind es überhaupt Probleme?//

"Quatsch!" Shingo schloß verträumt die Augen. "Klar habe ich Probleme, die hat jeder... aber ich bin auch nicht anders als du."

"Wie meinst du das jetzt?" Ken legte die Zeitung weg und lehnte sich soweit zurück, daß er Shingo in die Augen sah.

"Ich gehe meinem Vater lieber aus dem Weg, anstatt einen Versuch zu starten, mit ihm zu reden. Ich bin froh, daß er jetzt arbeitet... so ist er abgelenkt und ist nicht den ganzen Tag daheim. Deswegen ist er so ruhig in letzter Zeit, die Arbeit lenkt ihn ab. Aber ändern tut er sich dadurch nicht. Das ich heute hier bin, hab ich erstens meinem Geburtstag morgen zu verdanken und zweitens den Ferien nächste Woche." Er seufzte hörbar aus.

"Aber geschlagen hat er dich nicht mehr?"

"Seitdem du da warst nicht mehr... das ist jetzt fast ne Woche her."

"Ist das gut?" Shingo nickte.

"Hm... normalerweise ist Odo-san schnell sauer... aber seit einer Woche versucht er die Wut nicht sooft zu zeigen."

"Ist doch gut, oder?"

"Wenn's so bleibt ja!" Ken griff nach oben und streichelte ihm durch die braunen Haare.

"Ts... mir sagen, was ich machen soll, und selber auch nicht besser sein!" Er zog ihn zu sich und küßte ihn zunächst sanft, dann stürmischer. Shingo schloß die Augen. Es gefiel ihm... es gefiel ihm wirklich. //Ist dieses Gefühl Liebe?// Shingo stieß ihn leicht von sich und sah ihn an. //Vielleicht...// Ken war überrascht als Shingo ihn wieder zu sich zog. Sie versanken in einen langen und innigen Kuß. Ken machte sich kurz darauf an Shingos Hemd zu schaffen und begann die oberen Knöpfe zu öffnen. Mit der anderen fuhr er ihm durch die Haare.

Ken hatte gerade das Hemd aufgeknöpft und streichelte über Shingos Brust, als plötzlich sein Handy klingelte. Ken wollte es zunächst ignorieren, doch Shingo unterbrach den Kuß und sah ihn außer Atem an. Ken verstand den Blick, stand wütend auf und kramte in seiner Tasche. Kurz darauf zog er das Handy hervor und wandte sich von Shingo ab.

"Ja?"

"Yahoo... Brüderchen!"

"Tetsuya...." In Kens Stimme schwang Wut mit.

"Oha... hab ich dich gestört?" Er konnte Tetsuya kichern hören. "Wie du mir, so ich dir... du hast das letzte Mal auch zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt angerufen!" Ken sagte nichts darauf. "Ich komme dann mal zur Sache..." Er schwieg und Ken stand wartend da.

"Nun... was ist nun mit dem Grund für deinen Anruf?" Ken unterbrach die Stille.

"Hm.. eigentlich hab ich keinen!"

"NANI?" Ken wäre ihm an den Hals gesprungen, wenn sein Bruder greifbar gewesen wäre.

"Ich wollte nur deine Stimme hören... dir scheint es ja wieder gut zu gehen.... ist Shingo etwa da?" Stille. "Noch dran?"

"Ja..." knurrte Ken. "Es ist alles in Ordnung... ich lege jetzt auf, Aniki!" Das letzte Wort kam abwertend rüber. Das er auch ausgerechnet jetzt anrufen mußte. Kens Blick schweifte zu Shingo, der mit einem knallroten Kopf auf dem Bett saß.

"Haha... ich störe wirklich, wie...?" Ken legte auf und schmiß das Handy zurück in die Tasche. Er hatte es zuvor ganz ausgeschalten. Dann wandte er sich zu Shingo.

"Tut mir leid..." murmelte er.

"Wofür entschuldigst du dich...?" Shingo sah ihn kurz an und wandte dann den Kopf weg. Ihm war die Sache peinlich. Ken setzte sich zu ihm und fuhr ihm über das Gesicht und lächelte.

"Ach, nur so..." Ken beugte sich zu ihm und ließ sein Gesicht in den braunen Haaren verschwinden. "Das ich dich mal so ansehen würde, hätte ich nie gedacht..."

"Was meinst du?" Shingo gab schließlich dem Druck nach und ließ sich in das weiche Kissen drücken.

"Nun, daß ich mal einen Jungen liebe..."

"..."

"Aber es ist schön, und ich hab keine Angst davor..."

"Ich auch nicht..." Ken sah ihn lange an. "Vielleicht liebe ich dich ja auch...." gab er leise zu und lächelte zögerlich. "Ich weiß es nur nicht genau... ich..." Doch Ken drückte rasch seine Lippen auf Shingo und unterbrach ihn. Shingo öffnete leicht die Lippen und schloß die Augen. //Ich mag es... seine Berührungen und seine Zärtlichkeit...// Er spürte Kens Zunge, die forschend in seinem Mund verschwand und von ihm kostete. Kens Hand fuhr ihm sanft durch die Haare, dann über den Nacken zu den Schultern. Er drückte den Jungen tiefer in die Kissen. Als Ken sich endlich von ihm löste, sah er Shingo kurz an und seine Lippen wanderten zu Shingos Hals, bedeckten diesen mit Küssen und wanderten dann weiter zu dessen Schultern. Shingo seufzte leicht.

"Hm..." Ken schmunzelte und öffnete erneut Shingos Hemd. "Wie dumm von dir... glaubst du es bringt etwas, dich wieder anzuziehen..." Er strich mit seiner Hand über Shingos Brust und küßte ihn dann erneut.

"Einen Versuch war's wert..."

"Was soll das heißen...? Wenn du nicht willst, dann...!" Shingo unterbrach ihn lächelnd und drückte ihm einen Finger auf den Mund.

"Baka!" flüsterte er und zog ihm das T-Shirt aus. Er spürte Kens warmen Atem in seinem Nacken und seine warmen Hände, die sanft über die Brust und den Bauch strichen. Shingo setzte sich auf und seine Hände wanderten durch Kens schwarze Haare und kurz darauf löste sich der Zopf, den er bis dahin trug. Ihr Lippen trafen sich erneut. Kens Hände wanderten tiefer und fuhren an Shingos Hose entlang. Shingo hielt inne und sah ihn überrascht an, was Ken verunsicherte.

"Naja, wenn du nicht willst, belassen wir es dabei..." murmelte er und zog die Hand zurück. //Er will wirklich?// Shingos Gedanken überschlugen sich. //Was mach` ich jetzt?// Er sah Ken in die tiefvioletten Augen und seine Angst war abrupt verschwunden.

"Nein, ist schon okay." Der Junge lächelte und schloß die Augen. Er spürte wie Ken ihn zurück drückte und dann seine Lippen auf die seinen drückte. Shingo öffnete leicht die Augen und beobachtete Kens Gesicht. Erst jetzt fielen ihm die feinen Grübchen auf, die sein Gesicht hatte. Er begann mit der Hand darüber zu streicheln.

Ken zog ihm sanft die Hose aus und knallte sie in irgendeine Ecke. Seine eigene landete kurz darauf daneben und er legte sich neben Shingo.

"Das ich das jemals mache..." flüsterte er und kicherte.

"Hm?" Shingo sah ihn mit großen Augen an und mußte dann auch lachen. "Du weißt wohl nicht mehr weiter, oder?" Ken musterte ihn ernst.

"Natürlich... weiß ich das...irgendwie... naja..." Ken stotterte und wurde rot. Shingo kicherte weiter. Dann spürte er wie Ken sich zu ihm beugte und sanft küßte. Shingo schloß genießerisch die Augen. Kens Hand fuhr flüchtig über den Hals, die Brust, den Bauch und schließlich am Bund der Shorts entlang. //Von wegen... mich auszulachen!// Er zog ihm schließlich seine eigene und Shingos Shorts aus und ließ seine Hand schließlich zwischen Shingos Beinen verschwinden, bis er fand, was er suchte. Shingo unterbrach überrascht den Kuß und starrte Ken an.

"Was machst du da?"

"Was wohl?" Ken begann langsam die Hand zu bewegen und Shingo seufzte kurz auf. Der Schwarzhaarige grinste und spielte mit der anderen Hand in Shingos Haaren. Ken fuhr mit den Lippen zu Shingos Ohren, als wollte er ihm etwas zuflüstern, doch als er merkte, wie Shingos Finger über seine Hüfte abwärts wanderten, und begannen, dasselbe zu tun, wie er, fuhr er wieder zurück. Shingo sah ihn grinsend an und schüttelte keuchend den Kopf.

"Was du kannst, kann ich schon lange!" murmelte er und bewegte seine Hand zunächst vorsichtig, dann schneller. Noch ehe Ken etwas erwidern konnte, versanken die beiden in einen langen Kuß. Sie stöhnten leise in den Mund des anderen, als bei beiden das warme Gefühl zunahm und sich ein Glücksgefühl einstellte.

Ken schrie kurz auf und unterbrach den Kuß. Er spürte schon Shingos Höhepunkt in seinen Händen und öffnete müde die Augen. Shingo lag etwas erschöpft neben ihm und schnappte nach Luft. Ken beobachtet ihn lächelnd und küßte ihn dann auf die Stirn. Shingo sah ihn an und grinste. Erst nach einiger Zeit brach Ken die Stille:

"Man... das hätte ich mir vor einem Monat nicht mal vorstellen können!" Shingo nickte und wurde rot. Ken fuhr sich durch die Haare und zog dann die Decke über sich und Shingo. Sie küßten sich erneut und Shingo kuschelte sich an Ken. Dessen Blick streifte über die Digitalanzeige seiner Uhr und zu Shingos Überraschung sprang er auf.

"Was ist?"

"Hey, es ist Mitternacht.. heute ist dein Geburtstag..." Ken grinste.

"Ach ja... richtig..." Shingo sah ihn etwas verwirrt an.

"Wie alt wirst du eigentlich? 17?" Shingo nickte . "Bin gleich wieder da!" Ken zog sich seine Shorts an und verschwand aus dem Zimmer. //Was ist jetzt los?// Shingo ließ sich müde in die Kissen fallen und schloß die Augen.

"Hey, nicht schlafen...." Kens sanfter Kuß riß ihn aus seinem Halbschlaf. "Alles Gute zum Geburtstag!" Ken hielt ihm die Schatulle hin und drei weiße Lilien. "Man, nun guck nicht so... ich hab gedacht, weil du auch Lilien..." Shingo schnitt ihm die Worte ab und küßte ihn.

"Danke..." Er betrachtete die Lilien und lächelte. "Die hab ich dir im Krankenhaus mitgebracht. Es sind meine Lieblingsblumen."

"Wirklich? Meine auch!" Ken setzte sich auf das Bett und beobachtete Shingo beim Öffnen der Schatulle.

"Naja, ich wußte nicht, was ich dir sonst schenken soll, und mir hat der Anhänger gefallen... ich hab übrigens denselben!" Er hielt ihn hoch. "Man kann sie zusammenhalten, ist wie ein Freundschaftsband...!"

"Danke!" Shingo hängt sich die Kette um und betrachtete glücklich das Farbenspiel. "Hast du deswegen geschwänzt?"

"Ja, eigentlich schon, aber da wir eh Ferien haben, hab ich das schnell nachgeholt!" Er betrachtete den Anhänger und grinste. Von Tetsuya kannte er die Bedeutung des Anhängers, irgendwann würde er Shingo auch aufklären... Shingo rutschte ein wenig zur Seite, damit Ken in dem Bett noch Platz fand.

"Happy Birthday... Koi!" flüsterte Ken, knipste das Licht aus und nahm Shingo in die Arme. Kurz darauf waren beide eingeschlafen.

Kapitel 3

Shingo entschlüpfte am nächsten Morgen dem Bett als erster. Er streckte sich gähnend und warf einen Blick auf die Uhr. Es war schon weit nach zehn. Der Junge stand vorsichtig auf, um Ken nicht zu wecken und ging zum Fenster. Es war ein regnerischer Tag, wolkenverhangener Himmel und leicht nebelig. //Besser man bleibt im Bett!// Shingo ging an Kens Schrank und griff sich einen Bademantel. //Er wird nichts dagegen haben...//

Kurz darauf war er auf dem Weg ins Bad. Bevor er Frühstück machte, mußte er unbedingt duschen. In dem Moment klingelte es an der Tür. Er überlegte kurz, ob er nicht doch Ken wecken sollte, doch dann zog Shingo den Bademantel zu und öffnete leise die Tür. //Oh nein... die gehören doch zu Kens Gang...//

"Wer bist du denn?" Der blonde Junge schob die Sonnenbrille nach unten und musterte Shingo. "Warst du das letzte Mal auch schon da?!" Shingo schluckte und der Junge grinste.

"Yuki..." Ein weiterer Junge tauchte auf. Sein Blick war scharf und seine Haare hingen ihm ins Gesicht.

"Ja, ja... ist Ken da?"

"Der schläft noch..." murmelte Shingo.

"Hm... Mist, ist aber egal... gibst du ihm das bitte?" Er hielt Shingo einen kleinen Zettel hin.

"Was ist das?" fragte Shingo fast automatisch, und der großgewachsenen Junge mit den schmalen Augen fuhr ihn energisch an:

"Was interessiert dich das?"

"Oi... Akihiro... ist ja schon gut!" Der blonde Junge ging dazwischen. "Der Termin für das Revanche-Rennen steht fest. Wir werden es morgen wiederholen, und er wird sein Können als Anführer unter Beweis stellen. Er soll morgen erscheinen, sonst wird er ungeheure Probleme mit dem hier kriegen..." Er deutete auf Akihiro.

"Hör zu, sag diesem Spinner, wenn er morgen nicht kommt, werde ich ungeheuer sauer sein. Ich will den Titel nicht bekommen, ohne gegen ihn anzutreten. Und es ist sehr gefährlich für ihn wenn ich ungemütlich werde." Akihiro grinste und schlug eine Faust in die Hand. "Ken weiß das..."

"Okay..." Shingo nickte und nahm das Stück Papier an sich. Die beiden Jungs nickten sich zu und verschwanden dann wieder. Shingo schloß die Tür und betrachtete den weißen Zettel. Sein Gehirn fing an zu arbeiten. Wenn er morgen zu dem Rennen geht, begibt er sich wieder in Gefahr, doch wenn nicht... was würde dieser Akihiro dann machen? //Was mach ich jetzt?// Shingo ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf die Couch fallen. //Was wenn sie wieder das Motorrad getürkt hatten, oder irgend etwas daran verändert haben? Ich werde ihm nicht helfen können.. was wenn das doch so endet, wie damals?// Shingo hatte ein schlechtes Gefühl, ein sehr schlechtes.

Er faltete den Zettel auseinander.

//Ort: Hagiwara Anhöhe, Strecke: Todesstrecke bis zum Drugstore, Zeit: 21 Uhr// Shingo las sich den Zettel mehrmals durch, bis er ein knarrendes Geräusch vernahm.

"Oi... Shingo, bist du wach?" Ken kam schlaftrunken zur Tür herein und erkannte den Jungen, nachdem sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatte. "Ah... hier bist du. Ich dachte schon, du bist gegangen. Man war ich erschrocken." Er setzte sich grinsend zu Shingo und küßte ihn kurz. "Ist etwas?"

"Nein, nichts...!" Shingo steckte das Papierstück in die Tasche des Bademantels und lächelte. //Er darf nichts wissen!//

"Sag mal, wieso hast du meinen Bademantel an?"

"Ähm... ich wollte duschen..." Kens Augen blitzten kurz auf und er grinste breit. //Oh oh, dieser Blick,...//

"Duschen? Nee...!" //Puh, und ich dachte schon...// "Baden ist viel schöner.... wir haben eine sehr große Wanne!" Shingo sah ihn nervös an. //Wieso hab ich das gewußt?//

"Also ich weiß nicht!"

"Komm schon, das ist sicher lustig!!" Ken sprang auf und zog Shingo auf die Beine. Er zog ihn hinter sich her ins Badezimmer. "Platz ist genug!" Er deutete auf die Wanne und grinste. "Man, nun guck nicht so, als wenn ich dich gleich anfallen würde." Shingo musterte ihn skeptisch, während Ken begann Wasser einzulassen. Langsam füllte sich die Wanne mit warmem Wasser.

//Man, das erleichtert mich jetzt ungemein... naja, was soll's?// "Na gut... wenn du unbedingt willst..." Shingo drehte leicht den Kopf zur Seite. Ken grinste und beobachtete, wie Shingo vorsichtig den Bademantel auszog. Dann setzte er sich auf den Rand der Wanne und hielt seine Hand hinein. Dann ergriff er die Brause, die am Rand steckte und schielte zu Ken.

"Wie lange willst du mich noch anstarren?" Shingo richtete wütend die Brause auf Ken und drehte das kalte Wasser an.

"Ahhh... spinnst du? Das ist kalt!" Ken sprang ein wenig zurück, doch lange konnte er dem Wasser nicht entkommen. Shingo lachte auf und zielte erneut auf Ken. "Na warte!" Ken lief auf Shingo zu und entriß ihm die Brause. "Na, wie findest du das?" Er grinste und wuschelte Shingo durchs Haar.

"Kalt...!" entfuhr es diesem erschrocken. Ken stellte die Dusche ab und beide mußten lachen.

"Das hab ich mir anders vorgestellt..." gab Ken zu und zog sich das nasse T-Shirt und die Hose aus. Shingo stellte die Brause zurück und ließ sich in das warme Wasser gleiten. Ein Seufzer entfuhr ihm.

"Wo habt ihr Shampoo?" Er wandte sich fragend an Ken, der nun ebenfalls in das Wasser stieg.

"Hier..." Doch als Shingo danach greifen wollte, zog er es weg. "Ich möchte das gerne machen!"

"Wie?" Shingo lief rot an. "Na gut..." Er wandte Ken den Rücken zu, der sich lächelnd das Shampoo auf die Hände schüttete und dann zu Shingo hinüber ging. Er begann vorsichtig die braunen Haare einzuschäumen, die Shingo übers ganze Gesicht hingen. Plötzlich unterbrach Shingo die Stille.

"Ne... Ken!"

"Hm?" Ken stoppte kurz und beugte sich hinunter.

"Ähm.. ich wollte dich fragen, mit was du eigentlich das Rennen gefahren bist." Ken sah ihn verdutzt an und machte dann weiter. Er mochte die weichen Haare und den Geruch des Shampoos.

"Hm... mit meinem Motorrad, was sonst! Wieso fragst du?"

"Darf ich es sehen?"

"Das ist auf dem Schrottplatz!" Shingo zuckte kurz zusammen.

"Naja, aber mit was fährst du dann jetzt?" Er bemerkte wie Ken stoppte und fuhr dann fort. "Ich meine, du bist doch noch in der Gang, und ich kann dich nicht davon abhalten, aber... mit was fährst du dann.... wenn jetzt zum Beispiel ein Rennen wäre?"

"Ach, das meinst du... in der Garage steht noch eins, das ich mit ein paar Freunden hochgerüstet habe, bevor mein Bruder mir das Alte schenkte."

"Schenkte?"

"Er war der Meinung mein anderes wäre nicht sicher genug! Aber fahren kann man darauf und es ist nicht schlecht!" Shingo sagte nichts und Ken stellte die Brause wieder an, um die Haare seines Freundes auszuspülen. Dann schäumte er seine eigenen ein und spülte sie sich aus. "Aber warum fragst du mich sowas?"

"Ich war nur neugierig... darf ich es sehen? Das Motorrad..." Ken wurde stutzig und sah ihn lange an.

"Wirklich alles okay, du verhältst dich so merkwürdig."

"Nein, es ist nichts!" Shingo schnappte sich die Seife und drehte sie in den Händen.

"Hm..." Sie wuschen sich schweigend. Erst als Shingo in den Bademantel schlüpfte, bemerkte Ken:

"Okay, komm mit... ich zeige dir meine alte Maschine!" Er warf sich ein Handtuch um die Hüften und sie verließen das Badezimmer. Ken ging hinunter in den Keller und führte Shingo zu einer weißen Tür. "Da geht's zu Garage..." Ken deutete auf die Tür und öffnete sie. Dann knipste er das Licht an und ging zur Seite.

"Das ist..." Shingo stand lange vor dem Motorrad.

"Das ist mein altes Motorrad. Ich habe sie zusammen mit Freunden gebaut, deswegen hänge ich sehr an ihr!" Er beobachtete Shingo.

"Fährt sie noch?"

"Natürlich... die Schlüssel liegen dort in der Werkzeugkiste. Da gibt es ein Geheimfach... da verstecke ich den Schlüssel, damit keiner damit fährt, außer mir. Man muß nur and der Seite den kleinen Hebel drücken!" Ken verharrte kurz. Hatte er sich jetzt verplappert? Dabei sollte das ein Geheimnis bleiben. Shingo musterte ihn lächelnd.

"Schon gut, ich sag's keinem...!" Er betrachtete die Maschine. Ken beobachtete ihn dabei. //Warum will er sie unbedingt sehen?//

"Ne Shingo..."

"Eine wirklich schöne Maschine!" Er lächelte und ging zurück zur Tür. "Was wolltest du sagen?"

"Nichts..." //Vielleicht bilde ich mir das ja ein... er will sicher nur mehr über mich wissen//

Nachdem die beiden gefrühstückt hatten, machten sie sich auf den Weg zu Shingo. Sie redeten über viele Dinge, doch weder Shingo noch Ken erwähnten das Motorrad. Als die daheim ankamen, wurde Shingo schon von seiner Mutter erwartet.

"Na endlich!" Sie stürmte auf den Braunhaarigen zu und nahm ihn in den Arm. "Alles Liebe zum Geburtstag!" Sie drückte ihm einen Kuß auf die Wange und Shingo lächelte.

"Danke!"

"Oh... Nakai-san! Schön, daß sie gekommen sind." Die Frau lächelte und ließ die beiden herein. Sie zogen ihre Schuhe aus. Es roch nach Kuchen, Kaffee und Kerzen. Shingo sah sich suchend um.

"Wo ist Vater?" Der Blick der Frau trübte sich plötzlich.

"Ich weiß nicht... er ist vorhin weggefahren, aber er hat mir nichts gesagt." Sie wandte sich ab und sah sich dann wieder lächelnd um. "Wollt ihr was trinken?"

"Oi.... Kaa-san, was hat er gemacht? Ist er wieder aggressiv geworden?" Er packte seine Mutter am Arm und sah ihr in die Augen. In dem Moment konnte er sich denken, was passiert war. Ein Streit, womöglich, weil er erst jetzt nach Hause kam, und nun saß sein Vater in irgendeiner Kneipe um sich voll laufen zu lassen.

"Nein, es ist nichts! Wir werden jetzt deinen Geburtstag feiern!" Sie riß sich los und lief in die Küche. Shingo biß sich auf die Lippe, die kurz darauf anfing zu bluten. Ken sah ihn lange an und ging dann zu ihm.

"He, du verletzt dich noch!" Er hob Shingos Kinn an und leckte ihm das Blut weg. Dann küßte er ihn kurz. "Vergiß ihn einfach, du solltest jetzt feiern..."

"Aber..."

"Kein, aber!" Er zog ihn am Arm zu dem Tisch hinüber. Darauf stand eine Torte und ein paar Kerzen. Shingo schwieg, doch Ken wußte, daß sich dieser große Sorgen machte. Sie aßen schweigend, und erst als gegen abend Koji auftauchte, lockerte sich die Atmosphäre etwas. Er war zwar nicht so erfreut Ken hier zu sehen, doch er ließ sich in Shingos Gegenwart nichts anmerken.

"Hier für dich..." Er hielt Shingo ein kleines Päckchen hin. "Ist zwar nichts besonderes, aber ich wußte nicht, was ich dir sonst schenken sollte!" Shingos Blick fiel auf das kleine, eingepackte Geschenk. Vorsichtig löste er die Schleife.

"Was ist das?"

"Sieht man doch!" Koji ergriff das Buch. "Ich hab dich bis jetzt immer noch nicht mit einem Mädchen gesehen... vielleicht hilft dir das! Sind einige Tips drinne, wie man bei einem Mädchen landet!" Er grinste neckisch. Shingo betrachtet das Buch eine Weile. Koji hatte schon einen komischen Sinn für Humor... "Wohl doch nicht das Richtige!" murmelte Koji.

"Nein, überhaupt nicht... es gefällt mir.. irgendwie, vielen Dank, Ko-kun!" Er nahm das Buch und sein Blick fiel kurz auf Ken, der auf dem Bett saß. Ob er einen der Tips mal bei ihm probieren sollte? Shingo verkniff sich das Lachen...

"Super, aber du mußt mir unbedingt den vorstellen, bei dem es klappt... sprich, ich will irgendwann mal die Person kennenlernen, die du liebst!" Koji grinste und lehnte sich in dem Sessel zurück.

"Sicher.." murmelte Shingo und hängte sich seinen um. "Irgendwann stelle ich dir die Person vor...!"

Koji verließ erst gegen Mitternacht das Haus. Ken hatte Shingo überzeugen können hier zu übernachten, obwohl es diesem gar nicht Recht war.... erstens wegen seinem Vater und zweitens, wollte er nicht, daß Ken dieses Familiendrama mitbekam. Doch Ken schlug ihn letztendlich doch breit und so saßen sie in Shingos Zimmer und schwiegen sich an.

"Ne, Shingo... wie fandest du den Tag?"

"Ganz okay, denke ich..."

"Wegen deinem Vater?"

"Hm...." Shingo nickte und ließ sich dann in die Kissen fallen. Dann starrte er an die Decke. "Okay, du bleibst heute hier... dafür mußt du mir versprechen, irgendwann einmal zu deinen Eltern zu gehen!"

"Wer weiß..."

"Sei nicht so stur... rede mit ihnen!"

"Willst du etwa wieder auf die Gang hinaus, und daß ich austreten soll!?" Er sah Shingo lange aus dem Augenwinkel an.

"Ich denke, da wir von jetzt an zusammen sind, sollte ich dir vertrauen!" Stille. "Was ist... hab ich was falsches gesagt?" Shingo sah Ken erschrocken an und stütze sich auf.

"Natürlich nicht, Baka...!" Ken ließ sich aufs Bett fallen, und ehe Shingo etwas sagen konnte, hatte Ken ihn schon geküßt. Ihr Kuß wurde immer intensiver und als Ken unterbrach, war er über Shingo gebeugt. "Ich fasse das jetzt als ja` auf meine Frage auf!" Shingo nickte und lächelte.

"So war es ja auch gemeint gewesen!" Kens Herz machte einen Sprung bei diesen Worten und sie küßten sich erneut. Shingo war glücklich... das erste Mal seit langem, und auch Ken wirkte glücklicher als sonst. Kens Finger webten sich in die braunen Haare. Er mochte dieses weiche Gefühl. Dann legte er sich neben ihn auf das Bett und nahm Shingo in die Arme.

"Weißt du was...?" sagte er nach einiger Zeit.

"Hm?"

"Ich bin froh, daß du mich damals besucht hast.. hätte nie gedacht, daß ich mich mal in dich verlieben würde!" Shingo grinste.

"Dasselbe gilt für dich! Wer hätte gedacht, daß du so anders bist... wenn man dich in der Schule sieht... dabei bist du im Grunde nicht anders als ich!"

"Findest du?" Shingo nickte und kuschelte sich an Ken. Kurz darauf war er eingeschlafen. Ken streichelte ihm noch etwas länger durch die Haare und übers Gesicht. Dann zog er die Decke über beide und war kurz darauf auch eingeschlafen.

Die beiden verbrachten den Sonntag ebenfalls zusammen. Shingos Vater blieb die ganze Nacht weg, und als er morgens volltrunken zurückkam, legte er sich sofort ins Bett und schlief den ganzen Tag durch.

"Ne... Shingo!"

"Was ist?" Ken sah auf und blinzelte in Kens Richtung.

"Ich habe nachgedacht... und ich finde, du hast Recht!" Ken kam von dem Brunnen zurück und setzte sich neben Shingo auf die Bank. Sie waren zusammen in den Park gegangen. Es war schon fast 6 Uhr abends.

"Womit hab ich Recht?" fragte Shingo neugierig.

"Mit der Gang... ich denke ich werde austreten..." Shingo sah ihn überrascht an. Dann verdunkelte sich sein Blick. Er hatte sich schlagartig wieder an den Zettel erinnert. Er hatte es vollkommen vergessen... der mußte noch in der Tasche des Bademantels sein. "Was ist? Freut dich das nicht?" Ken sah etwas enttäuscht auf Shingo.

"Was.... natürlich freue ich mich!" Shingo schüttelte den Kopf und lächelte. Ein gezwungenes Lächeln.

"Und warum schaust du dann so traurig?"

"Ich bin froh darüber, ehrlich!" Er wandte den Kopf zur Seite und beobachtete einige Vögel, die über den Weg hüpften.

"Du siehst aus, als hätte ich dich an etwas erinnert... Ist irgendwas...?"

"Nein, gar nichts!" fuhr ihm Shingo dazwischen und stand auf. "Ich denke ich gehe jetzt besser, bevor mein Vater wieder wütend ist. Ich rufe dich an, okay?" Er stand hektisch auf, wandte sich lächelnd um und verließ dann den Park. Ken sah ihm schweigend nach. Er verstand ihn nicht... er hätte gedacht, Shingo freut sich darüber... doch....

//Was mache ich jetzt? Wenn ich ihm von dem Rennen erzähle, wird er sicher nicht aussteigen, wie er jetzt gesagt hat... und er verletzt sich diesmal vielleicht noch schlimmer!// Shingo lehnte keuchend an der Ecke. Er war fast automatisch zu Kens Haus gelaufen. Er blieb vor dem Gartentor stehen und sah sich um. Da niemand zu sehen war, ging er vorsichtig hinein. //Ich fahre... ich kann auch Motorrad fahren, also mache ich bei dem Rennen mit! Es wird nichts passieren, wenn ich langsam fahre und verliere...// Er öffnete die Garagentür. Ken hatte ihm erzählt, daß er sie nie abschloß, da niemand wußte, wo der Schlüssel war und somit niemand die Maschine stehlen konnte. Shingo knipste das Licht an.

"Wie unvorsichtig..." murmelte er. So konnte jeder daran was verändern, wenn er wollte. Dieser eine Junge hatte so einen Blick drauf, daß es ihm zuzutrauen wäre. Shingo ging zu der Werkzeugkiste hinüber und betrachtete sie genau. Erst nach einiger Zeit, fand er einen kleinen Hebel an der Seite. Er drückte ihn vorsichtig und an der Seite sprang ein kleines Fach auf. Shingo nahm vorsichtig den Schlüssel, drehte ihn in seiner Hand und ging dann zu dem Motorrad. Mit dem einen Schlüssel konnte er die Kette lösen, welche die Räder behinderte, der andere würde es starten lassen. Shingo warf einen Blick auf die Uhr. Es war fast 8 Uhr und Ken war zum Glück noch nicht wieder da, oder er hatte ihn nicht gehört.

Da er keine Risiko eingehen wollte, schob er das Moorrad leise heraus und verschloß die Tür vorsichtig. Er wand sich zu dem Haus um, alles war dunkel, Ken war also noch nicht wieder da.

"Mist, was ist, wenn ich ihm jetzt auf der Straße begegne?" Shingo schüttelte den Kopf und schob es langsam durch den Garten auf die Straßen. Er nahm den Helm vom Lenker und setzte sich auf die Maschine. Er starrte den Schlüssel an, als wenn er überlegte, ob er nicht doch einen Rückzieher machen sollte. Doch dann startete er die Maschine und fuhr vorsichtig an. Sie dröhnte kurz auf, verhielt sich aber sonst normal.

"Okay... das war Hagiwara Anhöhe?" Shingo schob das Visier hinunter und schlug die Jacke hoch. Schließlich durften ihn Kens Freunde nicht erkennen..., wenn das hier funktionieren sollte. Dann fuhr er los in Richtung Treffpunkt.

"Aha...!" Ken ließ sich seufzend auf die Treppe fallen. "Endlich daheim." Er warf einen Blick auf die Uhr, es war halb neun. Um über Shingo ein wenig nachdenken zu können, hatte er noch einen langen Spaziergang unternommen. //Das wird schon... er ist sicher nur besorgt, wegen seinem Vater!// Ken streckte sich und lief die Treppe hinauf.

"Jetzt ein Bad!" murmelte er zu sich selbst und zog sich aus. Seine Sache schmiß er einfach aufs Bett, ohne sich darum Gedanken zu machen. Er griff nach dem Bademantel, der am Schrank hing und zog ihn an. //Den hatte Shingo gestern an...// Er grinste bei dem Gedanken. Dann ging er pfeifend die Treppe hinunter zum Badezimmer, als es an der Tür klingelte. Etwas zögernd öffnete er.

"Hi, Brüderchen!"

"Tetsuya...." Kens Stimme klang ein wenig abwertend und er trat zurück. "Was willst du schon wieder?"

"Na gucken, wie es meinem Lieblingsbruder geht!" Er schlüpfte durch die Tür und zog sich die Schuhe aus. //Ich bin dein einziger Bruder!!// "Ah, du willst baden?" Er betrachtete Ken in dem Bademantel und dieser nickte. "Alleine?" Ken verstand nicht sofort, dann lief er knallrot an und nickte hektisch.

"Sicher alleine!" Ken wurde nervös und steckte seine Hände in die Taschen.

"Nicht so hektisch... wie leicht man dich doch ärgern kann!" Ken machte ein grimmiges Gesicht und stockte dann. "Was ist?"

"Hm....? Was ist das?" Ken zog ein Stück Papier hervor.

"Tss... das ist dein Bademantel, woher soll ich wissen, was du da rein tust?" Er betrachtete, wie Ken das Papier auseinander faltete und dann die Zeilen überflog. Sein Gesicht wurde mit einem Mal blaß. "Oi, was ist?" //Shingo... er hatte gestern den Bademantel an... oh nein, ich hab ein ungutes Gefühl!// Ken ließ den Zettel fallen und stürzte ins Wohnzimmer.

"Masaka...." flüsterte er und schnappte sich das Telefon. Zitternd wählte er eine Nummer und wartete. Das tuten kam ihm wie eine halbe Ewigkeit vor und seine Gedanken überschlugen sich.

"Ja, hier bei Ichihara..." Die Frau am Telefon schien fröhlich zu sein.

"Ist Shingo da?" Kens Stimme bebte und er hatte Mühe sich unter Kontrolle zu halten.

"Ken, bist du das....? Nein, ist er nicht bei dir?"

"Ah... nein, im Moment nicht...."

"Ken, ist etwas passiert?"

"Nein, nichts worüber sie sich sorgen müßten." Er legte hektisch auf. //Er ist nicht daheim!//

"Oi, Ken, was bedeutet das?" Tetsuya lehnte an der Tür. "Wen hast du angerufen?" Er ging auf ihn zu und hielt ihm das verfluchte Papier hin. Anstatt zu antworten, fiel Kens Blick auf die Uhr. Zehn Minuten vor neun. "KEN!!"

"Wonach sieht's denn aus? Das ist der Termin zu dem Revanche-Rennen!" Er fuhr seinen Bruder an. //Natürlich, deswegen, wollte er auf einmal soviel über das Motorrad wissen... das heißt!// Ken lief in den Keller und öffnete mit einem Ruck die Tür. Er knipste das Licht an, und starrte in die leere Garage. //Es ist weg!// Aufgeregt lief er wieder nach oben, schnappte sich seine Jeans und zog sich hektisch an.

"Ken, was ist eigentlich los?" Tetsuya beobachtete ihn schon eine Weile, und es machte ihn nervös, nicht zu wissen, warum Ken so panisch war.

"Kannst du mich fahren? Ich muß zur Hagiwara Anhöhe.." Tetsuya nickte fast automatisch. "Komm, ich erkläre dir alles im Auto. Ken zog sich hektisch wieder seine Sachen an, stürzte fast die Treppe hinunter und blieb vor dem roten Auto seines Bruders stehen. Tetsuya hatte seinen Bruder noch nie so aufgelöst gesehen. //Baka... dieser Idiot//

Ken stieg hektisch ein und ohne noch weitere Fragen zu stellen startete er den wagen. Sie fuhren gerade aus der Einfahrt raus, als Tetsuya fragte:

"Also, was ist los? Was hat es mit dem Rennen auf sich?"

"Shingo hatte gestern den Bademantel an...!"

"Und weiter?"

"Der Zettel... ich kannte ihn nicht, also müssen meine Freunde ihm den Zettel gestern gegeben haben. Kein Wunder, er war auf einmal so merkwürdig..."

"Und weiter!"

"Ich hab ihm heute gesagt, daß ich aus der Gang aussteige... und nun ist Shingo weg und mein altes Motorrad!"

"Du meinst doch nicht, daß er an deiner Stelle teilnimmt?"

"Doch, genau das denke ich..." Ken ballte seine Hände und starrte nach draußen. //Deswegen die ganzen Fragen, wegen dem Motorrad!// Er drehte den Anhänger in seiner Hand und betrachtete ihn.

"Verfluchter Idiot... das schafft er nicht! Okay, beeilen wir uns... es startet um 9 abends, oder...?" Ken nickte und Tetsuya begann zu beschleunigen.

"Seid ihr bereit!" Komiko trat zwischen die beiden Motorräder und hielt das Tuch hoch. Die beiden Fahrer nickten. Shingo hatte es irgendwie geschafft, unerkannt durchzukommen. Er mußte nur noch heil ankommen, dann war alles vorbei. //Hoffentlich ist Ken nicht sauer auf mich...//

"Also dann.... los!" Das Mädchen ließ das Tuch fallen und die beiden Maschinen sausten an ihr vorbei. Das erste Stück war schnurgerade, was in der ersten Kurve Probleme geben könnte, da man diese zu schnell nehmen können.

"Sagt mal... fandet ihr Ken heute nicht irgendwie merkwürdig.. ich will ja nichts sagen, aber war er das überhaupt?" Yuki stand an seiner Maschine und rauchte. Die anderen sagten nichts, doch sie schienen seine Meinung zu teilen. "Egal, folgen wir ihnen!" Er schmiß die Zigarette weg und wollte sich gerade aus sein Motorrad schwingen, als mit einem lauten Quietschen ein rotes Auto hielt. Kaum hielt der Wagen, ging die Tür auf du ein Junge sprang heraus. Schweigen.

"Ken?" Yuki sah den schwarzhaarigen Jungen ungläubig an. "Aber... was machst du..."

"Seid ihr schon gestartet?" Er erhielt keine Antwort. "Was ist nun?" Er herrschte sie lauthals an und Komiko nickte leise.

"Gerade eben!"

"Verflucht!" Ken ging auf Yuki zu und sah ihn ernst an. "Ich brauch dein Bike... sofort!" Dieser wich zurück, um ihm Platz zu machen.

"Ken... wenn du hier bist, wer fährt dann das Rennen?" Doch Ken fuhr los ohne Yuki eine Antwort zu geben.

"Steigt ein!" Tetsuya deutet auf das Auto und ließ Yuki und Komiko einsteigen. "Der Rest folgt mir jetzt!" Sein Ton zeugte davon, daß er keine Widerworte duldete. Sie nickten ihm nur zu und folgten dann Ken, nur nicht so schnell.

//Dieser Idiot!// Kenn beschleunigte und nahm die erste Kurve so schnell, daß er fast hinausgeflogen wäre. Doch er behielt die Kontrolle. //Das ist meine Schuld... wäre ich nur gleich ausgestiegen.. Mist!// Er schoß wie ein Pfeil die Strecke entlang, hoffte hinter jeder Kurve Shingo stehen zu sehen, der es aufgegeben hatte.

"So weit können sie nicht gefahren sein!" //Bitte, sei okay!// Hinter der nächsten Kurve, wäre er fast mit dem liegenden Motorrad zusammengeprallt, doch irgendwie gelang es ihm zu bremsen und neben diesem stehenzubleiben. //Mein Bike// Er sah sich geistesgegenwärtig um.

"Ken?" Akihiro sah ihn mit einem verzweifelten Gesichtsausdruck an. Er saß am Rand und war über einen leblosen Körper gebeugt. Ken mußte gar nicht das Gesicht der Person sehen, um zu wissen, daß es Shingo war. Mit einem Sprung war er vom Motorrad runter und rannte zu Shingo. //Nein, bitte nicht!//

"Ich... ich wußte nicht, daß er es ist! Ich dachte du würdest fahren!" Akihiro weinte fast.

"Shingo!" Ken beugte sich zu dem Jungen und berührte seine Schulter. Als er sie zurückzog, war diese voller Blut. Fast automatisch zog er sein Hemd aus und legte es unter Shingos Kopf. Dann kniete er sich neben ihn und legte seinen Kopf vorsichtig in seinen Schoß. "Was ist passiert?" Er sah Akihiro scharf an. //Bitte, mach die Augen auf!//

"Er hat die Kurve zu schnell genommen und ist rausgeflogen. Ich hab mir noch gedacht, warum er nicht abbremst, doch es war schon zu spät..."

"Was sitzt du hier rum? Hol einen Krankenwagen...!" Er deutete wütend auf eine Maschine. In dem Moment hielt Tetsuya.

"Scheiße!" er öffnete die Tür und stieg aus. "Ich ruf nen Krankenwagen." Er lehnte sich in seinen Wagen und griff nach dem Handy. Man hörte ihn kurz reden und dann wandte er sich an Ken:

"Der Krankenwagen ist in 10 Minuten da!" Er bemerkte Kens verzweifelten Blick und ging auf ihn zu. "Laß mich sehen?" Er fühlte Shingos Puls. "Okay, Puls ist da, wenn auch schwach... wir sollten ihn nicht weiter bewegen... wenn sein Rücken was abbekommen hat, wird's gefährlich." Ken nickte und drückte sein Hemd auf die Platzwunde. "Blutet er sonst noch irgendwo?"

"Ich weiß nicht?" Kens Stimme brach mitten im Satz und Tränen stiegen ihm in die Augen.

"Okay.. rede mit ihm... das hilft vielleicht!" Er wandte sich an Yuki, der ausgestiegen war. Die Gang hatte sich um Ken und Shingo versammelt. Entsetzen und Angst spiegelte sich in ihren Augen wieder. "Los, du fährst jetzt dem Krankenwagen entgegen und weist ihn ein... ihr anderes räumt die Motorradteile zur Seite, damit mehr Platz für den Rettungsdienst ist!" Yuki nickte und hechtete zu seiner Maschine. Die anderen folgten der Aufforderung freiwillig.

"Shingo...?" Ken fuhr ihm durch die verklebten Haare. "Komm schon, du wirst doch jetzt nicht aufgeben, oder?" //Stirb nicht!// "Shingo!!" Seine Stimme wurde lauter, und gleichzeitig verzweifelter. Er tastete an seinem Hemd. Es war Blut durchtränkt.

"Tetsuya.... er verliert zu viel Blut!"

"Stoppe es irgendwie!" Ken sah sich suchend um.

"Hier..." Akihiro kam zitternd auf ihn zu. Er hielt ihm sein T-Shirt hin. Ken entriß es ihm dankend und drückte es rasch an Shingos Hinterkopf. Sofort verfärbte sich das grüne Shirt und ein dunkler Fleck breitete sich aus. //Stirb nicht...//

"Shingo!" Ken schüttelte ihn an der Schulter. Der Körper unter ihm zitterte kurz und Ken wirkte erleichtert. //Er reagiert!// Kurz darauf öffneten sich langsam die tiefgrünen Augen. Ein grauer Schimmer lag darin und Shingo wirkte abwesend. "Shingo? Hörst du mich? Hey, komm schon..." Er drückte den Jungen näher zu sich und wiegte ihn in seinen Armen.

"K...Ken?" Shingo sah ihn aus glasigen Augen an.

"Shhh... nicht reden, okay... es ist gleich Hilfe da!" //Wo bleibt der verfluchte Krankenwagen?//

"Gomen... ich... wollte nicht..., daß du... am Rennen... teilnimmst!" Seine Stimme erstarb und ein feiner Streifen Blut lief ihm aus dem Mund.

"Ist okay... sei einfach nur still!" Er wiegte ihn etwas und drückte den leblosen Körper an sich.

"Ist er bei Bewußtsein?" Tetsuya sah kniete sich neben Ken und versuchte zu lächeln. "Okay, jetzt wird alles gut, ne... Shingo!" Er fuhr ihm über den Arm. Dann wandte er sich an Ken. "Hör zu, halte ihn bei Bewußtsein.. er darf auf keinen Fall einschlafen!" Er blieb neben ihm stehen und sah sich um. Die Jugendlichen hatten sich wieder um ihn versammelt, aber wo blieb nur der Krankenwagen.

"Shingo.... nicht einschlafen, okay? Hör mir einfach zu!" Er bemerkte, wie Shingos Augen träger wurden.

"Ich... bin so.... müde... und es tut... weh..." murmelte Shingo.

"Nein, nicht einschlafen! Rede mit mir!" Ken sah ihn verzweifelt an. //Laß mich nicht alleine! Stirb nicht... nicht jetzt!// Da, endlich ertönte eine Sirene und kurz darauf kam Yuki zurück, gefolgt von dem Krankenwagen. "Haha... siehst du, jetzt ist Hilfe da, ne Shingo!" Er sah ein paar Sanitäter und Ärzte aus dem Krankenwagen springen. Doch in dieser Sekunde spürte er, wie Shingo zusammensackte. Er sah ihn mit starren Augen an.

"Oi... Shingo, laß den Mist!" Er flüsterte die Worte zunächst nur. Dann schüttelte er ein wenige an dessen Körper. "Shingo!!" Seine Stimme war lauter geworden. Er bemerkte abwesend, wie sich der Arzt neben ihn kniete und nach Shingos Puls tastete. //Stirb nicht!// Der Blick des Arztes verdunkelte sich und er stand langsam auf.

"Hey, was ist nun?" Ken schrie ihn an. //Tut etwas!// Der Arzt wandte sich zu den Sanitätern und rief sie zu sich.

"30 ml Salzlösung... und holt doch endlich den Sauerstoff!" Der Mann im Kittel wirkte blass, doch er ließ sich in seiner Tonlage nichts anmerken und winkte zwei weitere Sanitäter herbei. Sie brachten eine Trage. "Passt mit ihm auf, wir müssen seine Wirbelsäule röntgen. Es besteht Verdacht von..." Ken hörte gar nicht richtig zu. Ihm war es egal, was der Arzt so von sich gab, solange nur Hoffnung bestand. Der Mann beugte sich zu Shingo und sah in seine Augen. "Okay... verständigt die Zentrale, sie sollen alles für eine Operation vorbereiten." Er trat zur Seite.

"Was wird denn nun?" Er sah auf Ken.

"Bist du ein Freund? Okay, du kommst am besten mit... und rede mit ihm!" Er sah zu einer zierlichen Frau. "Bringen sie mir einen Stützkragen...!" Sie nickte und lief zum Krankenwagen. Kurz darauf kam sie zurück, beugte sich zu dem Bewußtlosen und legte ihn vorsichtig um Shingos Hals.

"Das wird schon wieder!" Sie lächelte kurz zu Ken und machte dann den beiden Helfern Platz. Sie hoben Shingo vorsichtig an und legten ihn auf die Trage. Die Frau setzte ihm die Sauerstoffmaske auf. Ken saß benommen auf dem Boden. Sein T-Shirt war blutgetränkt und er zitterte wie Espenlaub.

"Ken!" Tetsuya riß ihn auf die Füße. "Komm schon...! Du fährst mit, ich kümmere mich um das hier." Er deutete auf die vielen Polizisten, die damit beschäftigt waren dem Krankenwagen Platz zu machen, und die Unfallstelle abzusperren. Ken hatte sie gar nicht bemerkt. Sein Bruder schob ihn zum Krankenwagen und er stand zögerlich ein.

Kurz darauf fuhr der Krankenwagen los. //Stirb nicht!//

"Das ist nicht ihr Ernst! Das kann nicht sein!" Ken starrte wieder auf seinen Freund, der aussah, als würde er schlafen. Ken sah zu dem Arzt hinüber. Dieser schüttelte den Kopf.

"Tut mir leid... wir haben alles versucht. Er hatte starke innere Verletzungen... es tut mir wirklich leid..." Ken starrte ihn entsetzt an, unfähig zu begreifen, was der Arzt gerade sagte. Er lief langsam auf das Bett zu. "Seine Eltern wurden verständigt, sie werden bald da sein!" Er verließ leise das Zimmer.

"Shingo! Oi... bitte, wach auf! Shingo!" Tränen stiegen ihm in die Augen und er schluchzte kurz. //Das kann nicht sein!// Er betrachtet Shingo lange... dann beugte er sich zu Shingo und küßte ihn, in der Hoffnung, ihn dadurch zum Leben zurückzuholen. //Wach auf... bitte!// Doch keine Antwort. Ken setzte sich auf das Bett.

"Nein, das kann nicht sein...! Er kann nicht tot sein! SHINGO!!" Tränen liefen ihm über das Gesicht. //Wach... auf... bitte!//

//Kein Tag, an dem ich nicht an ihn denke... kein Tag, an dem ich nicht weine.//

Ken saß müde in dem dunklen Zimmer. Er sah blaß und krank aus. Ein knarrendes Geräusch auf der Treppe und die Tür geht auf. //Tetsuya kommt jeden Tag vorbei, um mich zu besuchen!//

"Ken... es ist schon über eine Woche her, wie lange willst du noch hier drin hocken?" Er setzte sich an Kens Bett und tätschelte ihm den Kopf. "Du wirst noch krank!" Ken antwortete nicht. //Ich bin schon krank, Aniki!//

"Es ist meine Schuld!" murmelte Ken und krallte sich in die Kissen.

"Nein, das konnte niemand ahnen... und keiner konnte es verhindern!" Er seufzte. "Hör auf an ihn zu denken... trauern ist ja okay, aber du machst dich selber kaputt!" Er betrachtete Ken.

"Ich habe ihn geliebt..."

"Ich weiß... es ist schmerzlich eine Liebe zu verlieren."

"Ich hab ihn nicht halten können... ich wollte ihn beschützen!" Ken liefen warme Tränen über die Wangen und er vergrub sein Gesicht in den Kissen, wie schon sooft in letzter Zeit.

"Ken... Shingo hätte nicht gewollt, daß du dich so sehr gehen läßt!"

"Denkst du?" kam es gedämpft aus den Kissen.

"Natürlich! Er wollte, daß du dich wieder mit Mutter und Vater versöhnst, und endlich deinen inneren Schweinehund überwindest. Warum versucht du nicht, für ihn weiterzuleben...? Du kannst es nicht ungeschehen machen, aber du kannst versuchen, das Beste daraus zu machen. Das wäre in seinem Sinne gewesen!" Ken schwieg. //Er hat ja Recht!// Ken hob den Kopf und sah seinen Bruder lange an.

"Hilfst du mir?"

"Natürlich! Glaubst du ich lasse dich hängen?" Tetsuya schien erleichtert, endlich trugen seine Worte Früchte. Seit der Trauerfeier, hatte Ken kaum gegessen, geschlafen oder geredet. "Du schaffst das schon, da bin ich mir sicher!" Er fuhr ihm durch die Haare. "Ach ja, das soll ich dir von Frau Ichihara geben...!" Er reichte ihm eine Schatulle.

"Der Anhänger?"

"Sie meinte, du sollst ihn als Erinnerung behalten... ich glaube sie wußte, wie nahe ihr euch standet!" Ken nickte und drehte den Anhänger im Licht. Tetsuya stand auf und streckte sich. Sein Bruder legte den Anhänger vorsichtig wieder zurück in die Schatulle und stellte ihn auf den Nachtschrank.

"Ne... Tetsuya!"

"Hm?" Er wandte sich mit einer leichten Drehung zu Ken.

"Glaubst du unsere Eltern haben heute Zeit für einen Besuch?" Tetsuya nickte erfreut.

"Sicher...!"

"Hm... ich denke, ich werde doch den ersten Schritt gehen..." //Besser als Fortzulaufen, nicht wahr, Shingo?//

~ Owari ~

Damit ist meine erste Shonen-Ai Geschichte abgeschlossen! Puh... hat zwar etwas gedauert, aber was lange währt... ich hoffe sie gefällt euch... bei Frage oder Anregungen, scheut euch nicht, mir zu mailen: Koriko@gmx.de

Ein ganz dickes Dankeschön geht besonders an tetei (ohne dich, wären mir die meisten Fehler gar nicht aufgefallen!), Aa-chan (die mir als "Ärztin" in Sachen Unfall zur Seite stand ^_-), Alan-chan, Leaf und allen lieben Leuten, die diese Geschichte lesen... Danke!

Nachdem, ich die Geschichte nun noch einmal überarbeitet habe und viele Gedanken verworfen habe, will ich mich bei Rei-chan entschuldigen, da meine vorherige Version sehr ihrer Geschichte glich. GOMEN!!

Ri-chan

Okay... hier noch mal die Erklärung für alle, die mit japanisch nichts anfangen können!

- sensei: Anhängsel für geachtete Personen, meistens Lehrer...

- san/kun: Namensanhängsel, kun wird meistens bei Jungen verwendet, san ist eine

allgemeine Form

- baka: Ausdruck für Idiot, allerdings hat er eher etwas liebevolles an sich (ist meine Meinung

dazu)

- koi: Kurzform von Koibito, was soviel wie Liebhaber/Freund bedeutet

- owari: Ende...

Zu guter letzt noch eine Erklärung zu dem Titel... ursprünglich hatte Shingo eine CD bekommen, welche Limit Control hieß... sie ist das erste Album von Lucifer und somit entstand auch der Titel.

Der Anhänger ist auch nicht ohne Grund gewählt. Der Regenbogen bzw. der regenbogenfarbene Anhänger ist ein Ausdruck und Zeichen in der homosexuellen bzw. bisexuellen Szene und fast schon eine Art Erkennungsmerkmal! Soweit dazu, da Ken ja nicht mehr dazu kam, die Bedeutung zu erklären...