Weiss Kreuz Fan Fiction ❯ 4 Killer und ein Baby ❯ Der große Windeldisput und andere Debatten ( Chapter 2 )

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Der große Windeldisput und andere Debatten

Youji schlurfte mit gesenktem Kopf in Richtung Garage. Das Letzte, was er sich unter einem angenehmen Morgen vorstellen konnte und wollte, war mit Aya und einem Säugling einkaufen zu gehen. Er öffnete frustriert seufzend die Wagentür und ließ sich in den Fahrersitz plumpsen. Gerade als er den Wagen anlassen wollte, schreckte ihn ein energisches Klopfen am Fenster der Beifahrertür auf. Erst da fiel ihm auf, dass Aya immer noch mit Miriam auf dem Arm neben dem Wagen stand. Natürlich, die Beifahrertür war abgeschlossen und er hatte ja den Schlüssel. Zudem war das Verdeck seines Seven geschlossen. Er lehnte sich zur Tür, entriegelte und öffnete sie auch gleich. Aya funkelte ihn verärgert an und ließ sich dann mit einer missmutigen Miene auf dem Beifahrersitz nieder. Nachdem er sich sorgfältig angeschnallte hatte, warf er Youji noch einen warnenden Blick zu.

"Ich erwarte, dass du ausnahmsweise mal zivilisiert fährst. Also, keine wilden Manöver, verstanden?"

Youji schluckte heftig und blinzelte Aya mit großen Augen an. Doch dieser widmete seine ganze Aufmerksamkeit wieder dem kleinen Bündel in seinen Armen und hatte offensichtlich beschlossen, den neben ihm sitzenden Vater des kleinen Bündels zu ignorieren. Dieser ließ mit einer ziemlich verdrießlichen Miene, die so gar nicht zu seinem sonst so sonnigen Auftreten passte, den Motor an und fuhr tatsächlich langsam auf die Straße.

"Und wohin soll's gehen, wenn ich fragen darf? In den Läden, wo ich sonst einkaufe, gibt es keine Babysachen. Jedenfalls würde es mit sehr wundern, wenn Armani eine Kleinkinderkollektion im Programm hätte."

"Einkaufszentrum.", kam die einsilbige Antwort von der Beifahrerseite.

Youji hatte vor Schreck beinahe eine Vollbremsung hingelegt, konnte sich aber gerade noch beherrschen.

"Das ist nicht dein Ernst?! Meine Tochter wird keine Massenware anziehen. Kommt gar nicht in Frage. Wenn wir schon nichts bei Armani bekommen, dann könnten wir es doch mal bei Prada oder Jill Sander versuchen. Vielleicht gibt es bei Joop ja eine Babyabteilung. Oder noch besser, wir fragen Omi, ob er was über Markenkleidung für Babys im Internet findet."

"Einverstanden."

Youjis Gesicht strahlte in der Vorfreude um diesen Einkaufsbummel herumzukommen auf. Aber das Strahlen erlosch sofort, als ihn Ayas Blick traf.

"Wir fahren trotzdem ins Einkaufszentrum."

"Aber warum denn? Dort ist es voll und laut und so, wie soll ich sagen, unpersönlich. Was wollen wir denn dort noch kaufen?"

"Grundausstattung."

Angesichts Youjis fragendem Gesichtsausdruck holte Aya tief Luft.

"Windeln, Babynahrung, Fläschchen, Kinderwagen, Kinderbett, Wäsche, Wickelkommode."

Er zählte weitere Punkte so ruhig auf, als ginge es um eine Bestellung für den Blumenladen. Youji wurde blass und verstummte. Langsam dämmerte es ihm, dass ihm dieser Einkaufsbummel wohl nicht erspart bleiben würde. Erst als sie beim Einkaufszentrum auf den Parkplatz fuhren, hatte er seine Sprache wiedergefunden. Ihm war unterwegs ein Gedanke gekommen, der ihn einfach nicht mehr losließ.

"Sag mal Aya, woher weißt du eigentlich so gut mit Babys bescheid?"

Er bemühte sich seinen Gesichtsausdruck so neutral wie möglich zu halten, aber innerlich brannte er darauf eine Antwort zu bekommen. Neugierig blickte er zu seinem rothaarigen Teamkollegen hinüber, der sich gerade abmühte, mit Miriam auf dem Arm auszusteigen.

"Allgemeinwissen."

Youji stöhnte leise auf. Ayas einsilbigen Antworten gingen ihm wirklich auf die Nerven. Aber wenn dieser nicht reden wollte, konnten ihn keine hundert Schuldigs dazu bringen den Mund aufzumachen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als den Wagen abzuschließen und hinter seinem Anführer herzulaufen, der bereits auf dem Weg zum Eingang war.

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Die automatische Glastür schloss sich lautlos hinter ihnen und Aya steuerte zielsicher auf die Kinderabteilung zu. Youji folgte ihm kopfschüttelnd und schob dabei einen Einkaufswagen vor sich her. Er konnte immer noch nicht begreifen, wie Aya ihn dazu gebracht hatte diesen Einkaufswagen zu holen und ihn nun auch tatsächlich zu schieben. Es war so entwürdigend. Er, Youji Kuodo, Ex-Privatdetektiv, Teilzeitflorist, Profikiller und größter Playboy der Welt, lief mit einem Einkaufswagen durch ein gewöhnliches Einkaufszentrum wie ein ganz gewöhnlicher Käufer. Und natürlich hatte er einen Einkaufswagen erwischt, der ein kaputtes Rad zu haben schien und sich einfach nicht steuern lies. Seufzend blickte er auf und starrte auf Ayas Rücken.

Es wunderte ihn, dass dieser so ruhig blieb. Normalerweise vermied es der Rothaarige doch tunlichst mit Menschenmassen in Kontakt zu treten und nun schlängelte er sich durch ein volles Kaufhaus als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt. Und das auch noch mit einem Baby auf dem Arm. Ausgerechnet Aya. Ausgerechnet Rühr-mich-nicht-an-oder-du-stirbst-einen-langsamen-und-qualvollen-Tod- Aya.

Gedankenverloren folgte Youji seinem Teamgefährten und beobachtet ihn dabei, wie er geschmeidig entgegenkommenden Käufern elegant auswich. Selbst mit Miriam im Arm hatte er nichts von seiner katzenartigen Eleganz verloren. Als Aya plötzlich vor einem Regal stoppte, wäre Youji ihm beinahe mit dem Einkaufswagen in die Hacken gefahren und konnte gerade noch stoppen. Dummerweise entwickelte der sture Wagen aber ein unerwartetes Eigenleben und prallte Youji vor das Schienbein.

"Aua, verdammtes Ding, verdammte Scheiße. Das tut weh."

Er beugte sich hinunter, um die schmerzende Stelle zu reiben und blickte erst auf, als ein paar schwarzer Stiefel vor seiner Nase auftauchten. Erschrocken sah er hoch und zuckte zurück. Aya stand mit wütend funkelnden Augen vor ihm.

"Fluch nicht so laut. Oder willst du, dass Miriam sich das auch angewöhnt?"

Youji verzog das Gesicht und setzte gerade zu einer Erwiderung an, als sich ein Verkäuferin in sein Blickfeld schob.

"Kann ich den Herren behilflich sein?"

"Wir benötigen eine komplette Babyausstattung."

Aya hielt es nicht für nötig weitere Erklärungen zu liefern und wandte sich einem Regal zu.

"Wir fangen mit den Windeln an. Wo sind die Stoffwindeln?"

"Stoffwindeln?" , echote es gleichzeitig sowohl von der Verkäuferin als auch von Youji, aber die Verkäuferin fand ihre Fassung schneller wieder als der Playboy.

"Aber ja doch, Stoffwindeln. Entschuldigen sie, ich war nur so überrascht, weil heutzutage nur noch selten danach gefragt wird. Natürlich haben wir auch Stoffwindeln. Sie liegen gleich hier drüben."

Die Verkäuferin zeigte auf ein Regalfach. Youji folgte ihrem ausgestrecktem Arm mit den Augen und warf dann einen Blick auf Aya. Dieser bückte sich und begann dann in den Päckchen zu wühlen. Schließlich landeten alle im Wagen.

"Sind das alle, die sie haben?"

Die Verkäuferin schluckte nervös und sah Youji hilflos an. Dieser zuckte nur mit den Achseln.

"Es tut mir leid, aber Stoffwindeln sind nicht mehr so gefragt und daher haben wir auch nur eine begrenzte Anzahl von ihnen auf Lager. Wie wäre es denn, wenn sie noch zusätzlich normale Windeln kaufen würden?"

"Normale Windeln?"

Youji wurde hellhörig. Stoffwindeln waren also nicht normal. Aber wenn Aya auf Stoffwindeln bestand, konnte es ja auch nicht normal sein. Er setzte sein bestes Playboylächeln auf und strahlte die Verkäuferin an. Diese wurde prompt rot und zeigte dann mit leicht zitterndem Finger auf große Pakete, auf denen fröhlich lachende Babys abgedruckt waren. Youji besah sich eine der Packungen näher, holte dann tief Luft und blickte die Verkäuferin belustigt an.

"Das hier sollen normale Windeln sein?"

Er grinste breit und schnappte sich eines der Pakete, um es Aya vor die Nase zu halten.

"Lies mal, was da steht."

Aya schob das Paket mit einem ärgerlichen Grunzen zu Seite. Unbeeindruckt begann Youji vorzulesen.

"Supertrockene, hochziehbare Windelhöschen mit dehnbaren Seiten für den perfekten Sitz. Mann, das hört sich ja richtig bequem an. Einfaches An- und Ausziehen, genau das richtige für mich. Scheinen ja richtig praktisch zu sein, die Dinger. Können deine Stoffwindeln das auch?"

Er grinste Aya breit an. Dieser bedachte ihn aber nur mit seinem gleichgültigen Blick. Youji seufzte leicht, er hatte sich dieses Einkaufen einfacher vorgestellt. Also las er weiter vor.

"Perforation an den Seiten für einfaches und schnelles Wechseln, das wäre was für meine nächtlichen Abenteuer. Keine Probleme mehr mit klemmenden Reißverschlüssen."

An dieser Stelle stoppte er kurz und das breite Grinsen in seinem Gesicht sowie das gefährliche Funkeln in seinen Augen hätten die Verkäuferin mit Sicherheit in die Flucht gejagt, wenn sie es gesehen hätte. Aber zu ihrem Glück verbarg das Windelpaket Youjis Gesicht und so konnte sie nur hören, was er sagte. Aber das genügte schon um die verlegene Röte in ihrem Gesicht zu vertiefen. Youji las weiter.

"Klebestreifen für eine hygienische Entsorgung? Gehören Windeln etwa zum Sondermüll? Ah, das hört sich gut an. Weiches, elastisches Hüftbündchen für den super Komfort. Weißt du was Aya, dass sind keine normalen Windeln, dass ist echtes Hightechzeug. Wieso holen wir nicht hiervon ein paar Pakete?"

"Man kann sie nicht wiederverwenden."

Youji verdrehte die Augen. Eigentlich hätte er damit rechnen müssen, dass ihr furchtloser Anführer sich nicht umstimmen lassen würde, aber die Vorteile lagen doch wohl auf der Hand. Und überhaupt, wer wollte schon eine Windeln wiederverwenden. Er, Youji Kuodo, mit Sicherheit nicht.

"Aya, schau mal, die gibt es sogar mit kleinen Blümchen und mit Teddybären. Das sieht doch bestimmt niedlich aus."

"Es sind Wegwerfwindeln und sie vergrößern die Müllberge nur. Wir nehmen Stoffwindeln."

"Ich wusste ja gar nicht, dass du so ein Umweltschützer bist, Aya. Gibt es da etwa noch mehr, das ich nicht weiß?"

Youji zwinkerte Aya verschwörerisch zu. Dieser sah weg, aber der Playboy hätte schwören können, dass da eine leichte Röte auf den sonst so blassen Wangen war.

"Ach komm schon, Aya. Das Beste hast du ja noch gar nicht gehört. Ich wette, dass haben deine Stoffwindeln nicht."

Youji machte eine dramatische Pause bevor er mit triumphierender Stimme laut vorlas.

"Diese Windeln haben doch tatsächlich Superabsorber für erhöhte Saugfähigkeit. Das sind bestimmt die Turbos unter den Windeln, habe ich recht?"

Er lächelte die Verkäuferin an. Diese blickte aber nur verwirrte zwischen den beiden jungen Männern hin und her. Leicht enttäuscht wandte sich Youji wieder an seinen Teamkollegen.

"Weißt du was, Aya. Wir schließen einen Kompromiss. Wir nehmen beide Sorten mit und testen einfach aus, welche besser sind. Einverstanden?"

"Sie können ja die Stoffwindeln zuhause verwenden und nehmen die anderen Windeln, wenn sie unterwegs sind."

Youji schenkte der Verkäuferin ein weiteres strahlendes Playboylächeln als Dank für ihre Unterstützung. Er hatte das Gefühl so langsam doch die Oberhand zu gewinnen. Jetzt konnten sie Aya zu zweit umstimmen. Dieser warf einen kritischen Blick auf das Paket und schüttelte dann den Kopf.

"Die nehmen wir nicht."

In diesem Moment hätte Youji nichts lieber getan, als laut und deutlich zu fluchen. Da wähnte er sich schon als Sieger und dann das. Aber zu seiner Überraschung griff Aya nach einem ähnlichen Paket und stellte es in den Wagen.

"Du hast da welche für Jungs und Miriam ist ein Mädchen. Außerdem ist sie schon ein halbes Jahr alt und kein Säugling mehr. Wenn du das nächste Mal Windeln kaufst, solltest du auf so was achten."

Zum zweiten Mal an diesem Tag schien Youjis Kinnlade Kontakt mit dem Boden zu suchen, dann warf er noch einen kritischen Blick auf das Windelpaket in seinen Händen und stellte es wieder weg.

"Ich wusste gar nicht, dass es da einen Unterschied gibt.", murmelte er in einen nicht vorhandenen Bart.

Der verächtliche Blick, mit dem Aya ihn bedachte, trug nicht gerade dazu bei seine Stimmung zu verbessern.

"Oh ja, die Windelhersteller haben vor einiger Zeit damit begonnen die Windeln den unterschiedlichen Ansprüche von Jungen und Mädchen anzupassen. Die Windeln für Jungs sind im vorderen Bereich besonders saugstark, während die Windeln für Mädchen eher im mittleren Bereich mit extra Einlagen ausgestattet sind."

Youji blinzelte die Verkäuferin verdutzt an.

"Also, denen fällt auch immer wieder was Neues ein."

Kopfschüttelnd blickte er sich um und riss dann begeistert die Augen auf. Mit ein paar schnellen Schritten stand er kurz darauf vor einem Regal mit verschiedenen Flaschen, Fläschchen, Dosen und Tuben. Sorgfältig öffnete er eine nach der anderen um daran zu riechen. Einiges wurde sofort wieder mit einem angewiderten Gesichtsausdruck zurückgestellt, aber was den "Geruchstest" bestand, unterzog er einer genaueren Überprüfung, indem er die Inhaltsstoffe sorgfältig studierte. Erst wenn auch dieses zu seiner Zufriedenheit ausfiel, zog er eine Probierflasche aus dem Regal, um den Inhalt direkt auf der Haut zu testen.

So beschäftigt bemerkte er nicht, wie Aya nach einem kurzen Gespräch mit der Verkäuferin verschwand. Leise vor sich hinsummend arbeitete er sich durch die diversen Babypflegemittel, Shampoos, Cremes und Badezusätze. Als sein Teamgefährte zurückkehrte, hatte der blonde Playboy bereits einiges davon im Einkaufswagen untergebracht. Aya betrachtete die Ansammlung mit kritischen Blick.

"Wofür brauchst du den ganzen Kram?"

Youji zuckte erschrocken zusammen. Er hatte seine Umgebung nicht mehr beachtet und sich vollkommen seiner Aufgabe gewidmet. Eine Hand aufs Herz gedrückt und theatralisch mit den Augen rollend, drehte er sich um.

"Willst du, dass ich einen Herzanfall bekomme, Aya?"

Unbeeindruckt deutete der Rothaarige auf den Einkaufswagen.

"Was soll das?"

Ein tiefer, verzweifelter Seufzer rang sich aus Youjis Brust.

"Irgendwomit müssen wir die Kleine ja waschen, Aya. Und auch wenn du vielleicht Kernseife und kaltes Wasser für ausreichend hältst, bin ich der Meinung, dass diese spartanische Einstellung ein wenig übertrieben ist."

Aa überprüfte den Inhalt des Einkaufswagens mit einem schnellen Blick und zog dann skeptisch eine Augenbraue hoch. Doch bevor er etwas sagen konnte redete Youji schon weiter.

"Es ist im übrigen nicht gut sich mit Seife die Haare zu waschen. Dafür gibt es schließlich Shampoo. Und als Badezusatz ist Seife wirklich nicht geeignet, das trocknet die Haut zu sehr aus. Du musst die Produkte aufeinander abstimmen, Aya. Und vor allem, achte auf die Inhaltsstoffe. Manches davon ist sogar schädlich für die Haut. Hast du das gewusst?"

Youji war eindeutig in seinem Element. Doch bevor er seinem Teamkameraden von den weiteren Vorzüge einer aufeinander abgestimmten Pflegeserie überzeugen konnte, kam die Verkäuferin mit einem unförmigen, rucksackähnlichen Gegenstand zurück. Ein zufriedenes Grinsen spielte plötzlich um Ayas Lippen.

"Youji, streck die Arme nach vorne."

"HÄ?"

Ein patentierter Fujimiya Todesblick ließ jeden weiteren Kommentar des blonden Playboys im Keim ersticken. Gehorsam streckte er beide Arme nach vorne und warf der Verkäuferin einen beinahe ängstlichen Blick zu. Die schritt freundlich lächelnd auf ihn zu und schob ihm die Träger des seltsamen Rucksacks über die Arme und passte sie dann an. Als das Klicken des Bauchgurtes ertönte, fühlte Youji sich irgendwie gefangen und Ayas Grinsen verstärkte dieses Gefühl sogar noch.

Er unterzog diesen komischen Rucksack einer eingehenden Überprüfung und stellte schnell fest, dass dieser oben offen war und unten zwei Löcher hatte. Außerdem war er gepolstert und sah so gar nicht nach einem Rucksack aus. Und überhaupt, wurde ein Rucksack nicht auf dem Rücken getragen? Verlegen fuhr er sich mit beiden Händen durch die Haare und blickte verwirrt von der Verkäuferin zu Aya und zurück.

"Was ist das?"

Aya machte einen Schritt auf ihn zu und hob Miriam, die er die ganze Zeit auf dem Arm hatte, hoch und steckte sie dann in den "Rucksack". Youji schluckte heftig. Nun machte es Sinn, dass das Ding unten zwei Löcher hatte und gepolstert war.

"Das ist ein sogenannter Kängurubeutel. Kinder brauchen sehr viel Körperkontakt, vor allem wenn sie noch so klein sind. Auf diese Weise können sie ihre Tochter überall mit hinnehmen und haben sie immer im Blick. Ist das nicht praktisch? Sie haben sogar immer beide Arme frei und für den Rücken ist es auch viel besser, als sie auf dem Arm zu tragen."

Die Verkäuferin strahlte Youji an, der seinen Blick einfach nicht von seiner Tochter wenden konnte, die jetzt, mehr oder weniger, direkt vor seiner Brust hin. Zu seiner Überraschung drehte sich die Kleine um und suchte Blickkontakt mit Aya. Kaum hatte sie diesen entdeckt streckte sie beide Arme nach ihm aus.

"Sieht ganz so aus, als wollte sie lieber bei dir sein."

Youji grinste seinen rothaarigen Teamgefährten an, der diese Bemerkung jedoch völlig zu ignorieren schien. Leicht enttäuscht darüber, keine Reaktion zu bekommen, redete er weiter.

"Oder flirtet Papas kleiner Liebling da etwa schon mit Papas Freund?"

Für einen Moment glaubt Youji so etwas wie Verlegenheit in Ayas Augen aufblitzten zu sehen, aber dieser Eindruck verschwand so schnell wie er entstanden war. Die Verkäuferin lief jedenfalls rot an und schien einen Augenblick zu brauchen, bevor sie ihre Stimme wiederfand.

"Sie sind also ein Paar? Dann haben sie die Kleine wohl adoptiert? Nein, wie rührend. Aber wussten sie denn nicht, wann sie kommt? Sie hätten diesen Einkauf doch schon viel eher erledigen können. Wieso haben sie denn bis heute gewartet? Haben sie den überhaupt schon etwas vorbereitet oder brauchen sie wirklich eine komplette Ausstattung?"

Die Augen der Verkäuferin blitzten auf einmal äußerst unternehmungslustig. In Gedanken ging sie schon mal alle möglichen Positionen durch, die sie den beiden jungen Vätern schmackhaft machen konnte. Ja, das war definitiv ganz nach ihrem Geschmack. Und ihre Kolleginnen würden vor Neid platzen, wenn sie sie mit zwei so gut aussehenden jungen Männern durch den Laden kommen sahen.

Aya konnte der Situation nichts Positives abgewinnen. Er hatte entsetzt die Augen aufgerissen, als die Verkäuferin ihn und Youji als Paar bezeichnet hatte. Youji schien bei diesem Anblick nur mit Mühe und Not ein Lachen unterdrücken zu können. Aya schnappte sprachlos nach Luft. Der Kerl war einfach unmöglich. Wie konnte er so einen Irrtum nur einfach so stehen lassen?

"Sie haben vollkommen recht.", bestätigte der blonde Playboy dagegen nur, ohne näher darauf einzugehen, womit die Verkäuferin recht hatte.

"Aber die Kleine ist leider etwas überraschend eingetroffen. Wenn sie uns behilflich sein könnten eine angemessene Ausstattung zusammenzustellen wären wir ihnen sehr dankbar. Sie haben ja wohl bemerkt, dass", Youji legte eine kleine Pause ein, um Aya verschmitzt zuzuzwinkern."Mein Freund und ich uns nicht immer einig sind. Und ich habe den Eindruck in ihnen eine richtige Fachfrau auf dem Gebiet der Kinderprodukte gefunden zu haben."

Youji trat vorsichtshalber einen Schritt zurück. Auch wenn er bezweifelte das Aya ihn in aller Öffentlichkeit angreifen wollte, so war es doch sicherer kein Risiko einzugehen. Das Knurren das aus der Richtung des sonst so stoischen jungen Mannes gekommen war, als er ihm zugezwinkert hatte, hatte ihm kurzfristig einen kalten Schauer über den Rücken gejagt.

Die Verkäuferin strahlte ihn jedoch an wie eine 1000 Watt Glühbirne und rieb sich geschäftstüchtig die Hände.

"Also eine komplette Ausstattung? Dann sollten wir als erstes das Preislimit festlegen."

"Kein Limit. Wenn es uns und Miriam gefällt, dann nehmen wir es. Für meine Tochter ist das Beste gerade gut genug."

Youji blickte auf den kleinen Blondschopf hinunter und streichelte kurz durch die feinen, seidigen Locken. Diese zärtliche Geste wurde sofort mit einem fröhlichen Quietschen belohnt, welches ein glückliches Lächeln auf Youjis Gesicht zauberte.

"Gut, sehr gut. Dann werde ich mal abklären, ob unser Lieferservice heute noch freie Kapazitäten hat und ihnen die Sachen gleich nach Hause liefern kann. Entschuldigen sie mich einen Moment."

Kaum war die Verkäuferin verschwunden, spürte Youji wie die Luft um ihn herum kälter zu werden schien. Langsam drehte er sich um und blickte dann direkt in die wütend funkelnden Augen seines Teamgefährten.

"Wie kannst du sie in dem Glauben lassen, wir wären ein Paar? Hast du völlig den Verstand verloren? Und Miriam ist deine leibliche Tochter, nicht adoptiert."

Youji hob beschwichtigend die Hände und grinste breit. Die Verkäuferin hatte recht, dieser Tragebeutel war wirklich praktisch. Er hatte seine Tochter dabei und beide Arme frei. Kämpfen stand zwar außer Frage, aber immerhin.

"Nun beruhige dich doch, Aya. Was hätte ich ihr denn sonst sagen sollen? Dass wir nur Arbeitskollegen sind und Miriam von ihrer Mutter einfach zurückgelassen wurde? Außerdem schadet es meinem Ruf mehr als deinem. Falls eine meiner Verehrerinnen erfährt, dass wir beide ein Paar sind, kann ich meine Abende alleine vor dem Fernseher verbringen."

Aya verschränkte die Arme vor der Brust und funkelte ihn unvermindert weiter wütend an. Youji seufzte resigniert auf.

"Nun schau nicht so. Du machst Miriam mit diesem Blick Angst. Sie mag es bestimmt nicht, wenn ihr Ersatzpapa mit mir streitet. Außerdem, was ist schon dabei? Du hast sie als erstes auf dem Arm gehabt und sie sogar an deinem Finger nuckeln lassen. Du magst sie und sie mag dich. Es ist für Miriam."

Aya starrte auf den Boden. Langsam entspannten sich seine Gesichtszüge und sein Blick wurde wieder weicher. Youji boxte ihn spielerisch in die Schulter.

"Und außerdem, glaubst du wirklich ich würde versuchen eine feste Beziehung mit dir zu haben? Ich bin nicht lebensmüde. Also schenk der Kleinen ein Lächeln. Ich weiß du kannst das."

Aya fühlte sich, als habe er einen Schlag in den Magen erhalten. Auch wenn er sich ebenfalls nicht vorstellen konnte mit dem Blonden eine Beziehung einzugehen, so direkt hätte er es doch nicht formulieren müssen. Er atmete tief durch und hob dann langsam den Kopf.

Youji beobachtete wie sich die schmalen Lippen zu einem leichten Lächeln verzogen. Miriams Antwort darauf war ein breites, zahnloses Lachen und sie streckte wieder beide Arme aus. Als Aya darauf nicht weiter reagierte schob sie schmollend die Unterlippe vor und blickte ihn mit großen, traurigen Augen an. Seufzend gab Aya nach und streckte ihr dann seine linke Hand entgegen. Youji grinste still in sich hinein, als Miriam zielsicher nach dem Zeigefinger griff und sich diesen sofort in den Mund schob. Aya verzog das Gesicht.

"Sie braucht einen Schnuller. Und das so schnell wie möglich."

Dann zuckte er zusammen und zog seinen Finger wieder zurück, um ihn kritisch zu begutachten.

"Und einen Beißring. Ich befürchte, sie bekommt schon Zähne."

So, den weiteren Einkauf erspare ich euch. Im nächsten Kapitel kommen Omi und Ken nach Hause und finden, ja was? Grins, wird nicht verraten.